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Spätgotische Zeit.
die Landschaften sorgfältig ausgeführt. Die Bilder sind wohl die
besten im Lande vorhandenen.
Westpreussen. In der Dorotheenkapelle der Marienkirche zu
Danzig befindet sich ein Triptychon: Hans Memlings berühmtes
Jüngstes Gericht, in grossartig-kühner Auffassung; auf der Aussen-
seite der Flügel Maria mit dem Kinde, Stifter, der heilige Michael
im Kampfe mit dem Drachen und eine Maria, grau in grau ge-
malt. Das Werk ist mit 1467 bezeichnet. Der St. Wolfgangs-
altar in der katholischen Pfarrkirche St. Johannes zu Thorn
stammt vom Ende des 15. Jahrhunderts. Die beiden Flügel ent-
halten in vorzüglicher Ausführung auf der Innenseite die vier
Evangelisten in der Tracht hoher kirchlicher Würdenträger, auf
der Aussenseite vier Bilder heiliger Frauen.
In Ostpreussen hat der Dom zu Frauenburg in der zweiten
Sakristei ein kreisrundes Gemälde von 1426: Die in einer Wein-
laube sitzende, gekrönte Maria mit dem Kinde, dem ein Engel
Blumen darreicht. Vor derselben kniet der Stifter, von einer
weiblichen Heiligen vorgestellt. Das Bild ist durch idealische
Schönheit und lichten Farbenton der Kölnischen Schule verwandt.
Württemberg. Donaukreis. Das sogenannte Schongauer-
altärchen in der Sakristei des Ulmer Münsters, von 1484, mit vier
Passionsszenen, ist ein nach Stichen Martin Schongauers (vergl.
Oberelsass) ausgeführtes Schulbild. In Ulm wurde Hans Schüchlin
zum Gründer einer Lokalschule. Er wird nahe um 1440 ge-
boren, ist bereits 1469 ein bekannter Meister und stirbt 1505.
Schüchlin zeigt die Bekanntschaft mit der Kölnischen und nieder-
ländischen Schule und bewahrt daneben den Ausdruck eigener
Empfindung. Schongauer hat Erinnerungen aus Schüchlins Bildern
gelegentlich verwertet. Die Werke Schüchlins sollen an den Orten
erwähnt werden, wo sich dieselben jetzt befinden. Sein Haupt-
werk ist der Hochaltar in Tief enbronn im bayrischen Schwaben.
Bartholvme Zeitblom ist nach der Überlieferung Schüchlins hervor-
ragendster Schüler. Sein Geburtsjahr dürfte zwischen 1450 und
1455 anzusetzen sein. Er heiratete eine Tochter Schüchlins und
kommt seit 1484 in den Ulmer Bürgerbüchern vor. Er muss
gegen 1517 gestorben sein. Zeitblom fehlt der Zug zum Drama-
tigchen, die heisser wallende Empfindung, aber seine Köpfe sind
edel und vergeistigt und die Weichheit der Modellierung erinnert
an italienische Künstler vom Ausgang des 15. Jahrhunderts.
Von Zeitbloms Werken ist eines seiner besten Zeit, etwa aus der
zweiten Hälfte der neunziger Jahre, in dem Altar der Kirche zu
Blaubeuren bei Ulm erhalten. Der vom Abte Faber bestellte
Altar ist 1496 vollendet. Derselbe ist doppeliiügelig; die Malereien
beschränken sich auf die äusseren Seiten der inneren Flügel und