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III.
Buch.
Renaissance in Deutschland.
der Neubau zu Schweinfurt. Seit 1572 geht Rothenburg
an die Errichtung seines dem älteren gothischen Bau vorgelegten
Rathhauses, und fügt dazu seit 1576 umfangreiche Bauten am
Spital. Ebenso erhebt sich 1574 das ansehnliche Rathhaus zu
Emden. Das Hopfsche Haus in Rothenburg trägt die Jahrzahl
1571, am Haus zum Ritter in Schaffhausen liest man 1570.
Der originelle Erker in der Martinskirche in Colmar ist mit 1575
bezeichnet, die Geltenzunft in Baselmit 1578. An fürstlichen Bauten
finden wir aus derselben Zeit nur das Schloss zu Offenbach
von 1572, den Schlosshof zu Stettin von 1575, die Bauten an
der Trausnitz von 1578 und aus demselben Jahr die Maxburg
in München.
Den spätern Verlauf Weiter mit Daten zu belegen ist nicht
von Interesse. Die Bewegung wird immer breiter, zieht alle
Kreise zu wetteifernder Betheiligung heran; aber sehr bald läuft
sie in den derben Schwulst des Barockstils aus.
Damit schliesse ich meine Arbeit, deren Mängel und Lücken
Niemand besser kennt als ich selbst. Allein es war Zeit endlich
einmal diesen Gegenstand zu untersuchen und eine zusammen-
hängende Darstellung zu wagen, wenn uns nicht der Vorwurf
gemacht werden sollte eine der wichtigsten Epochen unsrer Ge-
schichte nur mangelhaft zu kennen, namentlich von der architek-
tonischen Ausprägung, welche sie gewonnen hat, keine Ahnung
zu besitzen. Selbst nach dem unvollständigen Material, das mir
zu Gebote stand und hier zur Verwerthung gekommen ist, muss
Jedermann den Eindruck einer küntlerischen Bewegung von
seltener Kraft, Mannigfaltigkeit und Intensität bekommen haben.
Während der künstlerische Genius Deutschlands nach dem Hin-
gange Dürefs, H0lbein's und der an ihnen herangebildeten Gene-
ration sich von der Malerei abgewendet, wirft er sich mit ganzer
Kraft auf das Gebiet der Architektur und der damit verbundenen
dekorativen Künste. Seit 1540, hie und da auch schon früher,
entsteht eine immer allgemeiner werdende Lust am Bauen und
Meisseln, die zu einer originalen Umbildung der Architek-
tur führt.
Diese interessante, bis jetzt noch nirgends in ihrer ganzen
Kraft und Tiefe erkannte Wandelung des künstlerischen Ver-
"mögens der Nation hängt innig zusammen mit der einerseits
durch das klassische Alterthum, andrerseits durch die Reformation
herbeigeführten Umgestaltung der Lebensanschauungen, die zum