Nachtrag und Nachwort.
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Gothik und Renaissance, ja selbst noch von romanischen Ele-
menten durchgeführt, das den deutlichsten Beweis von der künst-
lerischen Gährung jener Tage liefert.
Zum ersten Male tritt in Deutschland der neue Stil in reinerer
Form am Portal der Salvatorkapelle zu Wien vom J. 1515 auf.
Composition und Ausführung weichen so auffallend von allem bis
dahin in Deutschland Ueblichen ab, dass man wohl an Italiener
denken muss. Wenige Jahre später (1517) entstand das elegante
Portal der Domsakristei in Breslau, vielleicht ebenfalls noch
auf italienische Hände zurückzuführen, obwohl auch für deutsche
Entstehung sich Manches vorbringen lässt. Mit voller Entschieden-
heit macht sich italienische Arbeit an der Jagellonischen Kapelle
zu Krakau vom J. 1520 geltend. Dagegen ist das Portal am
Stadthaus zu Breslau von 1521 durch die starke Mischung mit
spätgothischen Formen sicher als deutsches Werk bezeugt. Vom
J. 1524 datirt das elegante Portal am Arsenal zu Wiener-N eu-
stadt, sicher von italienischen Händen ausgeführt.
Fortan tritt der neue Stil in der zweiten Hälfte der zwanziger
Jahre so vielfach und an so verschiedenen Orten in Deutschland
hervor, dass eine allgemeinere Aufnahme desselben durch ein-
heimische Meister nicht mehr zu bezweifeln steht. In Trier
bringt das Jahr 1525 das glänzende Denkmal des Erzbischofs
Richard von Greifenklau, in Mainz errichtet Kardinal Albrecht
von Brandenburg 1526 den originellen Marktbrunnen; in dem-
selben Jahre stattet dieser kunstliebende KirchenfürSt den Dem
zu Halle mit der reich geschmückten Kanzel aus. Nun bemäch-
tigt sich auch das Bürgerthum der neuen Formell! ill GÖTÜÜZ
finden wir ein Privathaus im Stil der Renaissance von 1526.
Breslau schliesst sich unmittelbar mit mehreren Bauten an; das
Kapitelhaus des Doms trägt das Datum 1527; aus dem folgenden
Jahre 1528 stammt das zierliche Portal im Rathhalls und das
ähnliche an der Krone. Ein Kirchenportal allS demselben Jahre
finden wir sodann zu Klausenburg.
Mit diesen auf verschiedenen Punkten gleichzeitig zusammen-
treffenden Versuchen hat sich die Renaissance in Deutschland
zuerst eingebürgert. Mit dem Beginn der dreissiger Jahre W381?
sie sich, genugsam erstarkt, an die Ausführung grösserer Werke.
Es ist vor Allem das deutsche Fürstenthum, welches nunmehr
mächtig in die Bewegung eingreift und ihr in prachtvollen Schloss-
bauten grössere Aufgaben stellt. Das früheste Datum (1520)
trägt die Residenz zu Frisieng in ihrem arkadengeschmückten
Hofe; aber der Stil hat noch das Gepräge unbeholfener provin-
Zieller Befangenheit. Sicherer und lebensvoller breitet er seine
sie