Nachtrag und Nachwort.
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Hauptportal aber ist in der südwestlichen Ecke des Hofes bei
D ander dort befindlichen Haupttreppe angebracht, die ebenfalls
in einem polygonen Stiegenhause liegt. Hier hat der Baumeister
an den schlanken einfassenden Säulen und den breiten Pilastern,
vor welchen sich dieselben erheben, sowie an den Friesen reiches
Ornament von recht guter Erfindung und Ausführung verwendet,
dessen Motive die bekannten Formen der ausgebildeten Renais-
sance verrathen. Darüber erhebt sich eine Attika mit den reich
behandelten Wappen des Erbauers Graf Ludwig Kasimir und
seiner Gemalin, eingefasst von einer männlichen und weiblichen
Figur. Dann kommt ein zweiter Fries, und darüber schliesst ein
Flachbogenfeld mit der ruhenden Figur eines Flussgottes
den schlanken Aufbau des Ganzen. Die Treppe, deren Spindel
auf drei feinen vierkantigen Stützen ruht, gehört durch ihre gross-
artige Anlage, die Meisterschaft der Construction und Gediegen-
heit der technischen Ausführung zu den hervorragendsten ihrer Art.
An der Südseite des Hofes bei EE fallen zwei grosse Bogen-
nischen von beträchtlicher Tiefe auf, welche mit gothischen Netz-
gewölben dekorirt sind. Sie standen ehemals durch breite fenster-
artige Oeifnungen mit der dahinter liegenden Küche G in Ver-
bindung und sind ein weiteres Beispiel jener sinnigen Anlage
eines Dispensatoriums zur Austheilung der Speisen an Bedürftige,
wie wir sie im Schloss zu Baden (S. 271) und in der Pilgerlaube
zu Hämelschenburg (S. 857) angetroffen haben. Die Küche selbst,
zu welcher man durch den daneben liegenden Thorweg F gelangt,
ist ein grossartiger Bau, dessen Kreuzgewölbe auf gewaltigen
Rundsäulen von gothischer Form ruhen. Von den inneren Räumen
des Erdgeschosses ist sodann an der Ostseite eine Schöne Halle
H, deren Gewölbe auf einer schlanken Rundsäule ruhen, hervor
zu heben. Es war vielleicht ursprünglich die Sßhlosskapene-
Ihre Verbindung mit den oberen Räumen hat sie durch eine kleine
Wendeltreppe. Der glanzvollste Raum ist aber der Festsaal K,
welcher im westlichen Flügel die nördliche Ecke ßinninlnlt- Man
gelangt zu ihm durch einen unscheinbaren Zugang; aber auch
hier bildet eine kleine Wendeltreppe die Communikation mit den
oberen Geschossen, wie denn hier beim völligen Mangel innerer
Galerieen durch zahlreiche versteckt liegende Wßndßltreppen
solche Verbindungen bewirkt sind. Der Saal, gegen 35 F- breit
bei 52 F_ Länge, zeigt gleich den übrigen Raumen mittelalterliche
Anlage und Construktion: gothisch profihrte Netzgewölbe auf
zwei mittleren Rundsäulen ruhend, die gekuppelten Fenster in
tiefen Wandnischen der gewaltig dicken Aussenmauern liegend.
An der Ecke giebt ein grosser kreuzförmig ausgebildeter, eben-
K ugler, Gesch. d. Baukunst V. Öl