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III.
Buch.
Die Renaissance in Deutschland.
vielleicht auf einen oberrheinisehen Meister aus Constanz oder
Schafhausen schliessen, wo damals in einzelnen Fällen die Re-
naissance schon rein zur Anwendung kam. So z. B. in Schaff-
hausen an den Gewölben der Johanniskirche jene auf S. 240 bespro-
chenen Arbeiten. Die Bemalung, Gold auf blauem Grund an der
Einfassung, die Guirlande grün, ist neuerdings aufgefrischt worden.
Zu S. 431 ist zu bemerken, dass vom Rathhaus in Wies-
baden nur das Erdgeschoss mit der Freitreppe dem alten Bau
angehört, das Uebrige 1828 eine Restauration erfahren hat. Daraus
erklären sich denn auch die auffallenden Formen der oberen Theile.
Die geschnitzten, vergoldeten und bemalten Füllungen der Fenster
sind jetzt im Museum zu Wiesbaden aufbewahrt. Sie waren in
Strassburg durch Jacob Schütierlin gefertigt worden, während die
Steinmetzarbeit einem Mainzer Meister Cyriacus Flügel übertragen
war. Als Baumeister wird Valerius Baussendorf genannt, als aus-
führender Werkmeister Anthoni Schäfer. (Rhein. Kurier 1873.
N0. 108).
In Unterfranken ist das hohenlohesche Schloss N euenstein
als bedeutender Bau der besten Renaissancezeit nachzutragen.
Es bildet ein mächtiges Viereck, rings von einem tiefen breiten
Graben umzogen, an drei Ecken mit vertretenden runden Erker-
thürmen, die einen polygonen Aufsatz haben, eingefasst, während
an der nordöstlichen Ecke ein offenbar älterer quadratischer
Thurm mit späterem zopfigem Aufbau dominirend emporsteigt. Die
Hauptfront," nach Norden gewendet (Fig. 260) enthält in einem
vorgeschobenen Bau das von zwei Rundthürmen in mittelalter-
liehen Formen fiankirte Portal. Die Brücke, welche hier über den
Graben führt, ist nach aussen durch einen originellen Triumph-
bogen in derber Renaissaneeform abgeschlossen. Der viereckige
Hauptthurm scheint gleich dem Portalbau noch dem Mittelalter
anzugehören, wie denn diese Theile schon durch ihr vorzügliches
Quaderwerk sich von dem übrigen in Rruehstein ausgeführten
Bau auffallend unterscheiden. Das ganze Aussere ist im Uebrigen
schmucklos; die gekuppelten Fenster zeigen spätgothisches Rah-
menprofil. An der Westseite ist ein grosser halbrunder Vorbau
ausgeführt, der im Hauptgeschoss als Altane mit kräftiger Ba-
lustrade abgeschlossen wird. Die Jahrzahl 1564, welche man
sammt den Wappen des Grafen Ludwig Kasimir und seiner Ge-
malin von Solms am Hauptportal sieht, bezieht sich auf die Zu-
sätze und Umgestaltungen, welche diese Theile im Zusammen-
hang mit dem durchgreifenden Umbau des Schlosses unter jenem
Grafen erfahren haben. Das Originellste sind die pavillonartigen
Aufsätze der Thorthürme. Acht kräftig profilirte korinthisirende