Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

XVII. 
Kap 
Die nordwestlichen Binnenländer. 
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wohl in antiker Form gegliedert und eingerahmt ist. Durch ihn 
ist eine gewisse Uebereinstimmung mit den grossen Spitzbogen- 
fenstern des anstossenden älteren Baues bewirkt worden. Die 
auf reich dekorirte Stylobate gestellten korinthischen Säulen beider 
Geschosse mit den stark vorspringenden verkröpften Gebälken und 
dem mächtigen Consolengesims, die prächtigen stark auskragenden 
Schlusssteine unter den vor-tretenden Theilen des Gebälks, die 
Medaillonköpfe in den unteren Friesen und Zwickeln, die Victorien 
in den oberen Bogenfeldern, endlich die abschliessende, an den 
vorspringenden Theilen geschlossene, an den untergeordneten 
Zwischenfeldern durchbrochene Balustrade, das Alles sind Elemente 
jener durchgebildeten Renaissance wie sie seit Sansovinds Biblio- 
thek als Ausdruck höchster Pracht sich eingebürgert hatte. Da- 
gegen gehört das steile Dach mit seinen Lucarnen und dem in 
der Mitte der Facade vorgesetzten Dacherker, der in seiner Nische 
die Statue der Justitia trägt, zu den Elementen nordischer Kunst. 
Auch die Gewölbe der Halle, deren Rippen aufs Eleganteste mit 
Perlschnüren, deren Schlusssteine mit Rosetten und Masken de- 
corirt sind, zeigen noch gothische Construction. 
Die Anmuth, die leichte Schlanckheit der Verhältnisse in 
diesem schönen Bau wird durch die feinste ornamentale Aus- 
bildung bis ins Einzelne noch erhöht. Selbst die Unterseite der 
Archivolten, welche über den vertretenden Säulen ausgespannt sind, 
zeigt köstliche Füllungen graziös sculpirter Rosetten. Die Stylo- 
bate haben elegante Masken, die in ein Rahmenwerk von aufge- 
rollten und zertheilten Bändern eingelassen sind. Auch die Stei- 
gerung vom Einfacheren zum Reicheren ist fein beachtet: so 
haben die unteren Säulen uncannelirte Schäfte, die oberen weit schlan- 
keren gegürtete Schäfte, am unteren Theil ornamentirt, am oberen mit 
Oanneluren versehen. Am Dacherker bilden endlich hermcnartige 
Karyatiden die Einfassung, diese freilich nicht eben sehr organisch 
verwendet. Zu den zahlreichen Inschriften, welche den ganzen 
Bau verschwenderisch schmücken, kommen an den Brüstungen 
der oberen Halle noch tigürliche Reliefs, die indess gleich dem 
übrigen plastischen Schmuck keinen hervorragenden Werth haben. 
Die elegante Wirkung ist nicht wenig durch das Material bedingt, 
welches im Erdgeschoss aus einem schönen schwärzlichen mar- 
morartigen Stein von Namur, im oberen Stock aus einem leider 
stark verwitterten feinkörnigen gelben Sandstein besteht. Fassen 
wir Alles zusammen, so haben wir es mit einem der feinsten 
Werke der Renaissance in Deutschland zu thun. 
Als Urheber des Baues wird man jenen Meister zu betrachten 
haben, welcher laut Rathsprotokoll am 30. lllärz 1569 beauftragt
	        
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