XVII.
Kap
Die nordwestlichen Binnenländer.
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In der Marienkirche ist die reichgeschnitzte Orgelempore
ein noch völlig gothisches Werk. Die geschuppten ionischen
und die kannelirten dorischen Pilaster des rechten Flügels der
Brüstung gehören offenbar einer späteren Erneuerung an.
Bei der Reinoldikirche ist der imposante viereckige Thurm
der Westfacade wohl als das beste und bedeutendste derartige
Werk unsrer Renaissance zu bezeichnen. Die lisenenartigen Ver-
stärkungen der Ecken, die Profile der Fenster- und Bogennischen
mit ihren Einkehlungen erinnern noch an's Mittelalter. Die
Galerie, welche den hohen viereckigen Bau abschliesst, hat ein
schönes Gitter von Schmiedeeisen mit prächtigen Blumen auf den
Ecken. Der achteckige Aufsatz mit seinen beiden Kuppeln, La-
ternen und der schlanken Spitze hat bei tretflichen Verhältnissen
einen edlen Umriss. Die Gesammthöhe beträgt 254 Fuss. Die
Aufführung des Werkes geschah, nachdem der frühere gcthische
Spitzthurm in Folge des Erdbebens von 1640 im Jahre 1659 ein-
gestürzt war, erst seit 1662 durch die Baumeister Pistor von
Elberfeld und Johannes Feldmann von Dortmund.
Rheinland.
Am Niederrhein sind nur vereinzelte Werke der Renaissance
zu VerzeißhnenJ) In Emmerich bewahrt die Kirche einen
messingenen Taufkessel in den Formen der Frührenaissance.
Wesel besitzt am Markt ein Giebelhaus ganz von Hausteinen in
edlen Renaissanceformen durchgebildet. In Xanten zeigt der
Kreuzgang- am Münster- Gewölbe mit Renaissanceeonsolen, und
das Münster selbst schöne Epitalahien. In Calcar finden sich
mehrere Ilolzschnitzaltäre, theils in gothisehen, theils in Früh-
renaissancefcrmen. In Joch mehrere Steinbautcn mit Erkern und
ein Stadtther mit runden 'l'hürmen. In der Kirche zu Kenipen
ein Orgelgehäuse noch aus früher Renaissancezeit. In Düssel-
dorf bewahrt die Stadtkirehe das prächtige Mannorgrab Herzog
Wilhelms von Jülich-Cleve-Berg (T 1592), Wahrscheinlich eine
niederländische Arbeit. Ein originell in streng classicistischer
Weise durchgeführtes Werk ist der als Archiv dienende Anbau
am Rathhaus in J ülich, noch in guter Renaissancezeit errichtet.
Unsere Abbildung (Figa 250) giebt über das Einzelne Aufschluss.
1) Werthvolle Notizen, unterstützt von tfefflichen Zeichfmungen hat Herr
Baurath Raschdorf f mir mitgetheilt, dem xch für seme elfrige Förderung
meiner Studien dankbar bin.