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III.
Buch.
Renaissance in Deutschland.
tastischer Weise durch eine grosse gewundene Hermenfigur ge-
bildet. Noeh mehrere anstossende Zimme1' haben reich, aber
barock gemalte Thüreinfassungen, Reste von Wandgemälden, gut-
gegliederte Holzdecken und alte Ocfen. Alles aber liegt in einem
kläglichen Zustande von Verödung.
In der Stadtkirche ist einer der prachtvollsten messingenen
Kronleuchter der Renaissance, zum Theil noch mit gothisirenden
Blumen, die einzelnen Arme in Männerköpfc auslaufend.
Der Hennebergerhof, südlich unter dem Schlossberg gelegen,
hat zwei Portale in später Renaissance und an der lang-gestreck-
ten nordöstlichen Fagade im oberen Stock eine Galerie auf tos-
kanischen Säulen. Das Gasthaus zur Krone, in welchem 1531
der schmalkaldische Bund geschlossen wurde, ist ein schlichter
Fachwerkbau, dessen altes Täfelwerk im Innern durch Tapeten
verkleidet ist.
Wenig, auch dies Wenige ohne sonderliche Bedeutung, ent-
hält Oassel. Von den fürstlichen Bauten ist der Marstall zu
erwähnen, ein ausgedehntes Werk, einfach und tüchtig mit einer
Anzahl schwerer Barockgiebel decorirt, deren, Form auf die Re-
gierungszeit des baulustigen Wilhelm IV deutet. Von demselben
Landgrafen wurde seit 1581 der Renthof begonnen, der dann
1618 vollendet wurde. Ebenfalls ein ziemlich einfacher Baumit
Barockgiebeln und reich behandeltem Portal; im Hofe ein Brun-
nen aus derselben Zeit. Ein Prachtstück dagegen ist das gross-
artige Grabmal Philipps des Grossmüthigen (T 1567) im Chor der
Martinskirche. Es wurde von einem Wahrscheinlich in den
Niederlanden gebildeten Künstler, Elias Godfro aus Emmerich be-
gonnen, der aber noch vor völliger Beendigung seiner Arbeit
starb. Nach Art eines Altars aufgebaut, aus Marmor und Ala-
baster, reich mit Sculpturen geschmückt, zeigt es die prunkvoll
überladenen Formen des beginnenden Barocco.
In den Bürgerhäusern herrscht abwechselnd Steinbau und
Fachwerk, bisweilen beides verbunden; aber auch darunter ist
nichts von hervorragendem Werth. Mehrfach kommen stattliche
Doppelportale vor, aus zwei völlig gleich behandelten Bogen,
meist in kräftiger Rustika bestehend. Das schönste Beispiel am
Markt in dem Eckhaus gegen den Renthof, die Pfeiler mit Nischen
durchbrochen, die Facade ausserdem durch zwei polygone Erker
an den Ecken belebt. Ein ähnliches Portal an einem Hause
des Altstädter Marktes, die Facade mit hohem, breitem Barock-
giebel abgeschlossen. Die Erdgeschossesind bei diesen Häusern
stets in kräftiger Rustika mit facettirten Quadern durchgeführt,
alles jedoch weder besonders reich noch fein. Mehrere Häuser