Kap. XVII.
Die nordwestlichen Binnenländer.
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Bogenfelder und Friese. Das Alles ist auf weissem Grunde, in
den Seitenschiden farblos, im Mittelraum aber mit sparsamer An-
wendung von Gold und Farbe zu einer bewundernswürdig ele-
ganten Wirkung gebracht. Die Ornamente sind in einem braunen
Ton contourirt, mit kräftigen Sehattenlinien und massvoller An-
wendung von Gold; die überall als Ausläufer der Form sich ent-
wickelnden Masken und dgl. sind farbig gehalten, das Gold für
die Hauptlinien aufgespart, so dass die Wirkung höchst delikat
und elegant ist. Die Brüstungen der Emporen, durch barocke
Consolen getheilt, haben die für sie bestimmten Reliefs, welche
durch fortlaufende Nummern angedeutet werden, Wohl nißmalS
erhalten und fallen deshalb aus der Gesammtwirkung heraus.
Dagegen sind von treiflichem Effekt die zahlreichen goldenen
Schilde an den Friesen, welche mit Bibelsprüchen in dunkler
Schrift bedeckt sind. An den obersten Schildbögen sind liegende
Apostelgestalten in Stuck ausgeführt. Der Altar von weisseni
Kalkstein ruht auf den Emblemen der Evangelisten. Sehr hübsch
ist über ihm auf einer Console die Kanzel vorgebaut. In der
ganzen Deutschen Renaissance kenne ich keinen Innenraum von
ähnlicher Feinheit der Dekoration.
Die übrigen Theile des Schlosses befinden sich in einem Zu-
Stande schmachvoller Verwahrlosung, dem die Pleusslsclle R6"
gierung hoifentlich bald ein Ende machen wird. Da nämlich
1813 das Schloss als Lazareth verwendet wurde, lltt llle lllllftle
Ausstattung desselben erheblich, erfuhr dann aber vollständige
Verwüstung, weil in Folge des ausgebrochenen Lazarethfiebers
alle Gegenstände, und zwar nicht blos die vergoldeten Leder"
tapeten, sondern auch die Fenster, Thüren und Fussböden heraus--
gerissen wurdenl) Im nördlichen Flügel enthält das obere Stock-
werk den Riesensaal, welcher bei 90 F. Länge und 45 F- Brelte
die geringe Höhe von etwa 15 F. misst. Seine langen Deck-
balken sind in der Mitte durch drei Holzsäulen, an den _Wänden
durch entsprechende Steinpfeiler gestützt, die sehr Oilglllell als
barocke Gonsolen ausgebildet sind. Die Decke zeigt llocll Reste
von Malereien, ebenso die Wände. Ein Kamin erhebt sich an dem
einen Ende, an dem andern ein grosser Ofen, der untere Theil
von Eisen, 1584 bezeichnet, der obere Theil W11 Sßllwarzglasllttfm
Thon mit Hermen und Karyatiden dekorirt, an den Feldern Chris-
tus am Kreuze und andere biblische Darstellungen in etwas stum-
pfen Reliefs; der Abschluss gegen die Wand wird in phan-
die Baudenkm.
Dehn-Rotfelser und Lotz,
im Reg.
Bezirk
Cassel,