Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

Kap- 
XVII. 
nordwestlichen Binnenländer. 
Die 
905 
Niederhessen. 
Hier ist zunächst 'der von den hessischen Landgrafen aus- 
geführten Bauten zu gedenken. Die vielbewegte, durch die Stürme 
der Reformationszeit erfüllte Regierung Philipps des Grossmüthigen 
war einer stetigen Kunstpfiege nicht günstig. Dagegen tritt sein 
Sohn und Nachfolger, Wilhelm IV der Weise (1567-1592) als 
Freund der Wissenschaften und Förderer der Künste auf. Edlen 
Sinnes, auch in religiösen Angelegenheiten sich einer milden Auf- 
fassung zuneigend, vielseitig gebildet, dabei ein ebenso kraftvoller 
als erleuehteter Regent, nimmt er unter den besten Fürsten jener 
Zeit einen Ehrenplatz ein. Seine Lieblingsbeschäftigungen richteten 
sich auf Astronomie und Mechanik; besonders aber war er ein 
Freund der bildenden Künste und begann schon 1557 noch unter 
seines Vaters Regierung den Grundstein zu einem neuen Residenz- 
schloss in Cassel zu legen, dessen Goldner Saal, nach der Sitte 
der Zeit mit fürstlichen Bildnissen geschmückt, erst 1811 durch 
einen Brand zerstört wurde. Mit dem Schloss war auch hier ein 
Lustgarten verbunden, der sich auf der Ilöhe in der Gegend der 
jetzigen Bellevue ausdehnte und mit seltnen Pflanzen aus fernen 
Ländern, mit türkischen Tulpen, orientalischen Hyacinthen und 
dgl. ausgestattet war. Für die Myrthen und Oypressen, Granaten, 
Lorber-, Citronen- und Feigenbäume erbaute er ein eigenes Pome- 
ranzenhaus, in dessen oifnem Saale ein "Spritzbrunnen" seinen 
Wasserstrahl bis zur Decke warf, und von dessen Galerieen und 
Altanen der Blick die Gartenanlage der "Au" beherrschte. In 
seinem daranstossenden Obstgarten pflegte der F üYSi trotz Seiner 
Corpulenz das Geschäft des Pfropfens und Oculirens als gutßf 
Hausvater und Landwirth selbst zu besorgen. Seine geliebte 
Gemahlin, die sanfte Sabine von Würtemberg, unterstützte ihn in 
solchen friedlichen Bestrebungen. 
Von jenen Prachtbauten ist keine Spur mehr vorhanden; 
nur die untergeordnetenBauten des Renthofes und des Marstalls 
tragen noch das Gepräge jener Zeit. Aber in der ehemals kur- 
hessischen, jetzt prenssisehen Enklave Schmalkalden zeugt das 
stattliche Schloss, trotz arger Verwahrlosung (10611 111 Selllßf ganzen 
Anlage noch vollständig erhalten, von der regen Bauthätigkeit 
des edlen Fürsten. Als Schmalkalden 1583 nach dem Aussterben 
der hßnllßbergischen Grafen an Hessen fiel, liess VWiIheIm lV 
sofort die alte Burg Walrab niederreissen und an ihrer Stelle das 
jetzige Schloss, die Wilhelmsburg CY1'ißht6I1-_ Von der mittelalter- 
lichen Burg zeugt nur noch an der Ostseite ein unregelmässig
	        
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