Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

III. 
Buch. 
Renaissance in Deutschland. 
Allgemeiner Theil. 
folgen der Renaissance, auch im Einzelnen giebt sich viel frei 
Antikisirendes zu erkennen; aber alles ist durchsetzt mit dem 
naturalistischen Laubwerk der spätgothischen Kunst, und nicht 
leicht wird man eine Schöpfung finden, in welcher mit solcher 
unbekümmerten Naivetät sich beide Gegensätze vermischt und 
verschmolzen zeigen. Dieselbe Richtung schlägt der Meister im 
Triumphwagen des Kaisers vom J. 1522 ein. Doch ist hier im 
Ganzen die Renaissance etwas treuer festgehalten, namentlich in 
den Miniaturdarstellungen der Hofbibliothek zu Wien und des 
Stifts St. Florian. 1) I-lier tragen gekuppelte Säulen von frei- 
korinthisirender Form mit sehr willkürlich geschweiften Schaften 
den streng architektonisch behandelten Baldachin, unter welchem 
der Kaiser sitzt. Auf der ersten Skizze dagegen, in der Alb ertina 
zu Wienf) wachst der Baldachin in phantastisch geschweiften 
Linien, welche fast an die Prachtkarossen der Rococozeit erin- 
nern, aus dem Grunde des Wagens empor und hat eine dem 
entsprechende freier geschwungene Form. So sehr nun auch 
Alles mit Renaissancedetails ausgestattet ist, so spürt man 
namentlich im vegetativen Ornament, obwohl dasselbe haupt- 
sächlich die Akanthusform zeigt, manche Hinneigung zum spät- 
gothisehen Laubwerk. 
Dass Dürer, wo es ihm darauf ankam, die antiken Formen 
zu beherrschen wusste, erkennen wir aus jener herrlichen Hand- 
zeichnung des Baseler Museums vom Jahre 1509, Welche die 
Madonna mit dem Kinde, von Engeln umspielt, sitzend in einer 
prachtvollen Halle mit korinthischen Säulen, darstellt. Die Ver- 
hältnisse sind hier ebenso vornehm und grossartig, wie das Detail 
von geistreicher Feinheit. Doch hat er auch hier allerlei gothische 
Reminiscenzen, z. B. die naturalistisch zusammengebogenen Aeste 
an dem etwas wunderlich componirten Architrav, sich nicht ver- 
sagen mögen. Ebenso verhalt sich's mit dem in Holz geschnitz- 
ten Rahmen des jetzt im Belvedere zu Wien befindlichen Drei- 
faltigkeitsbildes vom Jahre 1511, ehemals im Landauer Brüderhaus, 
nunmehr im Rathhaus zu Nürnberg aufbewahrt. Die zierlichen, 
halb der Gothik, halb der Renaissance angehörenden Formen 
deuten auf einen Entwurf von des Meisters eigener Hand. Wie 
eifrig Dürer dem Studium der Antike, namentlich an der Hand 
Vitruv's sich hingab, wissen wir aus manchen Stellen seiner 
theoretischen Schriften, nalnentlich aus der „Unterweisung der 
1) Letztere veröffentlicht von M. 'l'hausing in seinem Aufsatze über den 
Triumphwagen im XIII. Bande der Mitth. der Centr. 00mm. in Wien.  
 Abbild. in 'l'hausing's Aufs. a. a. O.
	        
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