Kap. XVI.
Niedersachsen.
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gekuppelte Fenster und sparsam ausgetheilte Säulenstellungen
mit feinem künstlerischem Takt rhythmisch belebt. Im Erdgeschoss
ist auf Pfeilern mit gedrückten Korbbögen eine Halle vorgelegt,
die mit gothischen Kreuzgewölben auf zierlichen Renaissance-
consolen eingedeckt ist. Dieselbe Bogenform kehrt an der kleinen
Loggia des ersten Stocks und an den mittleren Fensterötfnungen
der übrigen Stockwerke wieder. Gothische Reminiscenzen finden
sich an der Masswerkbrüstung der Loggia und den Einfassungen
der Fenster, zu welchen in den oberen Geschossen jedoch noch
die hier beliebten Eierstabe kommen. Das Ganze ist trefflich in
Sandstein ausgeführt und durch reiche Vergoldung ausgezeichnet.
Die klare Eintheilung, die volle Meisterschaft in Anwendung der
antiken Formen, die massvolle Beimischung barocker Elemente,
endlich die hohe Sicherheit in der Behandlung des Ornamentalen
und Figürlichen geben dieser Facade einen hervorragenden
Werthi). An der westlichen Faeade hat man sich begnügt, den
Giebel mit Voluten zu schmücken und die Rahmen der Fenster
Imd der Giebelkanten mit Quader-Werk in Sternmustern einfach
und wirksam zu gestalten.
Ein schönes Stück innerer Dekoration ist sodann noch in
dem Sitzungssaal des Neustädtischen Rathhauses erhalten. Ein
reich dekorirter und bemalter Kamin vom J. 1571, von kanneliiten
ionischen Säulen eingefasst, dazu eine prächtige Balkendecke, rings
an den Wänden tretfliches Getafel, an allen Flachen der Pilaster,
Friese und Bogenzwiekel mit eingelegten Ornamenten auf dunklem
Grunde bedeckt.
Der alte Bischofssitz Halb erstadt, in anmuthiger Landschaft
an den nördlichen Ausläufern des Harzes gelegen, zeigt nicht
blos in bedeutenden kirchlichen Bauten, unter denen der gothische
Dom zu den Monumenten ersten Ranges gehört, die Macht eines
geistlichen Fürstenthurns des Mittelalters, sondern bietet daneben
auch in zahlreichen Profanwerken das Bild eines rüstig bewegten
kunstliebenden Bürgerthums. In dem breiten Zug der Strassen,
den zahheichen freien Plätzen, die sich theils um den Mittelpunkt
bürgerlicher Macht, theils um die grossen kirchlichen Monumente
ausdehnen, spricht sich der Doppelcharakter der Stadt unverkenn-
bar aus.
Wir haben es bei unsrer Betrachtung nur mit Werken der
Profanarchitektur zu thun, und zwar steht der Holzbau unbedingt
dieser
Archit.
Rosengarten,
Fagade in
Stilarten.