Kap
XVI.
Niedersachsen.
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Im Innern wird der grosse Saal der Aula in der Mitte durch
Bogenstellungen auf drei kräftigen Pfeilern getheilt, die höchst
originell in einer derben Rustika mit Rosetten und facettirten
Quadern behandelt sind. Die Pfeiler ruhen auf grossen Löwen-
krallen über kraftvoll behandelten Stylobaten. Zwei Riesenfenster
an der westlichen Schmalseite, zwei an der südlichen und vier
an der nördlichen Langseite geben dem Raum ein reichliches
Licht. An der östlichen Schmalseite führt eine Thür in einen
kleineren Nebenraum. Die Schlusssteinc der korbartig gedrückten
Bögen, auf welchen die Balkendeoke ruht, sind in meisterhafter
Weise durch herabhangende Zapfen mit Köpfchen, Früchten und
anderem Ornament decorirt. An der Westseite des Saales auf
einer Estrade von drei Stufen erhebt sich das Katheder, freilich
nicht mehr in ursprünglicher Form. Die Dimensionen des Saales
sind etwa 90 Fuss Lange bei 40 Fuss Breite und c. 24 Fuss
Höhe.
Die aussen angebrachte Wendeltreppe führt zu dem oberen
Geschoss in den grossen Bibliotheksaal, welcher, etwa 120 Fuss
lang, die ganze Breite und Länge des Gebäudes einnimmt. Seine
innere Einrichtung bewahrt nichts mehr von der früheren Anlage.
Zwei selbständige Flügel, in einiger Entfernung von dem
Hauptbau rechtwinklig vorspringend, schliessen den südwärts sich
ausdehnenden Hof ein. Sie sind beide ganz kunstlos, im obern
Geschoss nur aus Fachwerk errichtet, jeder mit einem polygonen
Treppenthurm, der östliche mit einem Barockportal, von Greif
und Löwen bewacht, 1695 restaurirt. Aus derselben Zeit (1697)
wird am Portal des Hauptbaues ebenfalls eine Restauration be-
zeugt. Der östliche Flügelbau hat von der Strasse aus seinen
Zugang durch ein kräftig behandeltes Hauptportal, von Hermen
eingefasst, welche Polster statt der Kapitale auf dem Kopfe tragen.
Die ganze Anlage ist eine Composition von hohem Werthe, das
Einzelne am Hauptgebäude mit voller Meisterschaft durchgebildet,
fein und scharf zu energischer Wirkung gebracht.
Von demselben Meister rührt ein zweiter grossartiger Bau,
die Marienkirche in Wolfenbütte], 1604 unter Herzog Heinrich
Julius vorbereitet und seit 1608 begonnen, sodann unter seinem
Sohn und Nachfolger Friedrich Uh-ich seit 1613 weitergeführt!)
Jm Jahre 1615 starb Paul Francke, „dreier Herzöge zu Braun-
schweig gewesener Baudirektor, so diese Kirche durch seine In-
Herrn
des
Güte
1) Die ausführlichen gesch. Notizen verdanke ich der
Voges, welcher sie dem Corpus bonorum entnommen hat.