Kap
XVI.
Niedersachsen.
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In den neueren Flügeln des Schlosses sind sämmtliche Zimmer
und Säle mit den prachtvollsten Decken in meisterhaft behandelten
Stuckornamenten geschmückt. Es ist ein fabelhafter Reichthum,
in den üppigsten Formen des Barocco, offenbar von Italienern
ausgeführt. Alle diese Werke verdienten wohl eine genauere Ver-
öffentlichung.
Aus derselben Zeit stammt der glänzende innere Umbau der
Stadtkirch e, einer einfachen gothischen Anlage mit einem Chor
aus dem Zwölfeck, die aber in der Spätzeit des I7. Jahrhunderts
ein Tonnengewölbe und eine prachtvolle Stuckdekoration im glän-
zendsten Barockstil erhalten hat. Der Chor gestaltet sich durch
seine fürstlichen Prachtgräber zu einem vollständigen Mausoleum.
Im Chorschluss zunächst das überaus elegante Epitaph Ernst's
des Bekenners, nach seinemTode (1546) durch seinen Sohn Herzog
Wilhelm errichtet. Der Verstorbene mit seiner Gemalin Sophia
(T 1541) sind knieend in etwas steifer Haltung vor einem Cruciiix
dargestellt, in drei mit schwarzem Marmor bekleideten Nischen.
Die Einfassung derselben wird durch korinthische Säulen gebildet,
welche gleich dem übrigen Aufbau in weissem Marmor ausgeführt
sind. Das Ganze ist vom feinsten ornamentalen Reiz, namentlich
die herrlichen Akanthusfriese. Die Bekrönung wird in der Mitte
durch ein Giebelfeld mit Gottvater, zu beiden Seiten durch die
Wappen der Verstorbenen gebildet. Feine Vergoldung hebt die
Ornamentik noch mehr hervor, wie denn das Werk zu den ele-
gantesten Schöpfungen der Zeit gehört. Man darf wohl auf einen
niederländischen Künstler schliessen.
Noch weit prachtvoller, aber auch überladener und später ist
ein zweites, reich vergoldetes Marmorepitaph, das in die nördliche
Chorecke eingebaut ist. Es enthält wieder in drei Nischen zwischen
korinthischen Säulen die knieenden Figuren des Herzogs Ernst
(T 1611), Wilhelm (T 1592) sowie seiner Gemalin Dorothea (T 1617)
und ihres Sohnes Christian, Bischofs von Minden. Auf den Ecken
sind Tugenden als Karyatiden angebracht, oben drei tabernakel-
artige Aufsätze mit biblischen Reliefs, bekrönt von den theo-
logischen Tugenden. Die übrigen Epitaphien, namentlich das
ganz pompöse von schwarzem Marmor an der Südseite, gehören
schon dem späten Barockstil an. Sie sind den Herzögen Christian
Ludwig, Georg und Georg Wilhelm gewidmet. Köstliche Schnitz-
arbeiten sind die Sedilia im Chor; der Hochaltar endlich mit seinen
Gemälden und Schnitzwerken, die Orgel und die Kanzel, sowie
der zierlich aus Marmor gearbeitete Taufstein vervollständigen
die Ausstattung der Kirche.
Von den städtischen Bauten verdient zunächst das Rathhaus
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