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III.
Buch.
Deutschland.
Renaissance, in
Im Innern, das seit 1837 zu einer Residenz der Könige von
Hannover eingerichtet und sorgfältig hergestellt wurde, ist die
Kapelle eins der glanzvollsten Prachtstücke unsrer Renaissance.
Der einschiffige Bau mit seinen gothischen Kreuzgewölben und
polygonem Ohorschluss -gehört noch dem Mittelalter, aber die un-
vergleichlich reiche Ausstattung und Dekoration wurde um 1565
durch Herzog Wilhelm den Jünger-n, den Sohn Ernst's des Be-
kenners, hinzugefügt. Auf kräftigen Steinconsolen über flachen
Stichbögen erhebt sich die fürstliche Empore, mit Fenstern ver-
gittert, deren runde Scheiben in vergoldetes Blei gefasst sind.
An der Brüstung der Emporen sieht man die Halbfiguren der
Apostel in bemalten Steinreliefs, zwischen ihnen an den Pilastern
Engel mit Musikinstrumenten. An der Südseite ist in zierlichen
Renaissanceformen die Kanzel angebracht, mit bemalten Reliefs
aus der biblischen Geschichte und mit einer von Gold und Farben
glänzenden Ornamentik bedeckt. Der zierliche Baldachin mit
seinem Netzgewölbe, von kleinen muschelgeschmückten Rund-
giebeln bekrönt, ruht auf schlanken Kandelabersäulchen. Am
Eingang die Jahrzahl 1565. "An der westlichen Seite der Kapelle
sind zwei Emporen auf Rundsäulen eingebaut, gleich dem Ubrigen
reich geschmückt. Sämmtliche Gonsolen an den Brüstungen der
Emporen sind mit herrlich gearbeiteten Köpfen von Engeln, Frauen
und Männern dekorirt. Sämmtliche Betstühle endlich unter den
Emporen und im Schiff der Kapelle erhalten durch g0ld'ne Orna-
mente auf blauem Grund eine Theilung, deren grössere Felder
mit Oelgemälden aus der heiligen Geschichte gefüllt sind. Den-
selben Schmuck zeigt der Altar, dessen Hauptbild eine grosse
Darstellung der Kreuzigung enthält, während auf den Flügeln
Herzog Wilhelm und seine Gemahlin im Gebet knieend dargestellt
sind. Inschriftlich wurde dies Werk 1,569 durch Martin de Vos
aus Antwerpen ausgeführt. Die Bilder, in ganzer Farbenfrische
wohlerhalten, sind tüchtige Arbeiten der damaligen flandrischen
Schule. Nicht minder ist auch die Orgelreich ornamentirt und
mit innen wie aussen bemalten Flügeln versehen. Dazu kommt
endlich an allen Flächen, den Einrahmungen der Fenster und
der Wendeltreppe eine Bemalung von Goldornamenten auf blauem
Grunde, so dass eine unvergleichliche Gesammtwirkung dies
Meisterstück der Polychromie auszeichnet. Auch die Gewölbe
haben goldene Sterne auf-himmelblauem Grunde, und von den
elegant dekorirten Sehlusssteinen mit ihren goldenen Kronen und
Rosetten hängen vergoldete Kugeln, Täfelchen und Schilde herab,
die den Eindruck dieser Pracht noch steigern. Auf einem dieser
Täfelchen die Jahrzahl 1570.