Kap. XVI.
Niedersachsen.
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ausbauten, die Fenster mit dem schrägen Rahmenprofil und den
eingelassenen Medaillons der Renaissance bezeugen, dass wir es
hier mit einem Theil jener Bauten zu thun haben, welche durch
Herzog Ernst den Bekenner errichtet wurden.
Das Schloss selbst enthält in seinem östlichen Flügel die
ältesten Theile. Ueber einem unbedeutenden Erdgeschoss erheben
sich zwei hohe Stockwerke mit unregelmässig vertheilten Fenstern,
überragt von einem Dachgeschoss mit sieben Erkern, deren ein-
fach behandelte halbrund abgestufte Giebel den Eindruck der
langgestreckten Facade malerisch beleben. Die ganze Architektur
ist einfach und trägt in den Rahmenprofilen der Fenster das Ge-
präge der Frührenaissance. Ungefähr in der Mitte der Facade
ist ein runder, oben in's Polygon übergehender und mit halb-
runden Giebeln abgeschlossener Treppenthurm vorgebaut. Hinter
ihm erhebt sich, wiederum unregelmässig angebracht, ein bedeu-
tend höherer Dacherker, gleich den übrigen abgetreppt und mit
halbrunden Abschlüssen versehen. Auf beiden Enden wird dieser
Hauptfiügel durch mächtige polygone Thurmbauten eingefasst,
der rechts befindliche nördliche in der Barockzeit umgestaltet
und mit einem Zeltdach versehen, der südliche, welcher den Chor
der Kapelle enthält, noch in ursprünglicher, den übrigen Theilen
der Facade entsprechender Architektur; an den halbrunden Giebeln
des Kuppeldaches mit hübsch gearbeiteten fürstlichen Bildnissen
in Medaillons geschmückt. Zwei stattliche Bogenportale dicht
neben diesen Thürmen führen inls Innere. Sie gehören trotz der
Imitation früherer Renaissanceformen in ihrer jetzigen Gestalt
den später hinzugefügten Theilen an. Gleich den Einfassungen
der Fenster sind sie in Sandstein ausgeführt, während alles
Uebrige einfacher Putzbau ist.
Der grosse Schlosshof zeigt nur im östlichen Flügel Spuren
der ursprünglichen Architektur, namentlich an den beiden Seiten-
poitalen, obwohl man auch hier spätere Umgestaltungen erkennt.
Ein Vorbau, ursprünglich im ersten Stock als offener Säulengang
ausgebildet, jetzt aber geschlossen, zieht sich vor ihm hin. In
der Mitte tritt ein grosser polygoner Treppenthurm vor, der eben-
falls spätere Umgestaltung verräth. Die drei anderen Flügel
sind unter Georg Wilhelm in der zweiten Hälfte des 17. Jahr-
liunderts in einfach derben Barockformen errichtet worden. In
jedem Flügel befindet sich ein Doppelportal, ebenfalls von schlich-
ter Anlage, nur das im Westliügel feiner ausgebildet. Auf den
beiden äusseren Ecken dieses Flügels wurden in Ueberein-
stiinmung mit der Facade zwei hohe polygone Pavillons mit
thurmartigem Kuppeldach ausgebaut. (vgl. die Fig. 229.)
Kugler, Gesch. d- Bauk. V. 54