Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

Obersachsen. 
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Lisenen gegliedert und mit geschweiften Bogenlinien abgeschlos- 
sen sind. 
Die ausgebildete Renaissance zeigt sich an dem einfach derben 
Bau des städtischen Brauhauses von 1566. Die Fenster sind mit 
schweren Giebeln bekrönt, haben aber trotzdem gothische Kehlen- 
profile. Das Portal schliesst ein ähnlicher Giebel ab, der auf 
kannelirten toskanischen Säulen ruht. An den Seiten sieht man 
wieder die Muschelnischen. Der ungemein hohe abgetreppte 
Giebel wird durch Volutcn profilirt, die in üppiges Laubwerk, 
am obersten Absatz in kolossale Delphine auslaufen, und die Be- 
krönung macht die Figur eines Gewaffneten. Vom Jahr 1568 
datirt am jetzigen Kriminalgebäude ein elegantgearbeitetes Doppel- 
wappen in einem Rahmen aufgerollter und zerschnittener Bänder. 
Mehrere kleine Renaissanceportale sieht man an verschiedenen 
Häuscrn, z. B. in der Breiten Strasse. 
In der Stadtkirche hat das herrliche grosse Altarbild von 
Cranach vom J. 1555 eine frei geschnitzte Bekrönung von Wappen, 
Reiterfiguren und prachtvollem Laubwerk, das theils der Renais- 
sance, theils dem spätgothischen Naturalismus angehört. Das 
Ganze ist völlig bemalt und vergoldet, von hohem künstlerischen 
Werthe. Ausserdem ist das Epitaph Herzog Johann Wilhelms 
von 1576 eine brillante Marmorarbeit von virtuosenhafter Aus- 
fülrrung, wahrscheinlich das Werk eines italienisch gebildeten 
Niederländers. 
Erfurt, im Mittelalter eine der grössten Städte Deutschlands, 
bewahrt noch jetzt in seinen Denkmalen bedeutende Zeugnisse 
ehemaliger Macht. Sein Dom mit der gewaltigen Freitreppe, die 
auf die Höhe führt, rechts gegenüber die hohen Hallen der 
Severikirche, bilden den monumentalen Mittelpunkt, eine Art Akro- 
polis der Stadt. Das Bürgerthum, welches durch Handel und 
regen Austausch zwischen Süden und Norden, sowie durch frühe 
Verbindung mit der Hansa mächtig geworden war, hat auch an 
der Bewegung der Renaissance sich kräftig betheiligt. 
Schon zeitig tritt der neue Stil an einzelnen Privatballten auf. 
In der Allerheiligenstrasse ist der ansehnliche Bau des Collegium 
Saxonicum, inschriftlich 1521 gegründet, mit einem Renaissance- 
wappen von 1542 geschmückt. Im oberen Geschoss sind gekup- 
pelte Fenster angebracht, in sehr wunderlicher unbeholfener Früh- 
renaissance von Säulen eingefasst, mit kräftigem Gesims ab- 
geschlossen und darüber Flachbögen mit Musehelfüllung, an den 
Ecken aufgesetzte Kugeln. Dieselben Fenster, oifcnbar von dem
	        
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