814
III. Buch.
Renaissance in Deutschland.
hunderts durch den immer ausgedehnteren Handel stetig zu; aber
die stets wachsende, durch die sächsischen Fürsten geförderte
Blüthe Leipzigs, mehr noch innere Streitigkeiten zwischen Patriciat
und Volkspartei zerrütteten bald ihre Machtstellung, so dass Erz-
bischof Ernst, im Bunde mit den Demokraten, sich 1478 der Stadt
bemächtigen und durch Anlegung der gewaltigen Moritzburg
(1484-1503) festen Fuss darin fassen konnteß) Noch entscheiden-
der griff Erzbischof Albrecht von Brandenburg (1513-1545) in
die Geschicke der Stadt ein. Dieser weltlich gesinnte, aber nach
allen Seiten unternehmende und rücksichtslos vorgehende Kirchen-
fürstfi) der seit 1514 die beiden mächtigen Erzbisthümer von
Mainz und von Magdeburg besass, 1518 dazu die Kardinalswürde
erhielt, säumte nicht, in umfassender Weise die inneren und äusse-
ren Verhältnisse der Stadt umzugestalten. Ohne Pietät für das
Althergebrachte, seinem Hange zur Pracht und zu glänzenden
künstlerischen Unternehmungen nachgebend, riss er alte Kirchen
ein, veränderte die Pfarrspreng-el, gründete neue Stiftungen, fügte
ansehnliche Bauten hinzu und bürgerte den Stil der Renaissance
in Halle ein, wie er ihn bei dem schönen Brunnen auf dem Markt-
platz zu Mainz (oben S. 425) ebenfalls zur Geltung gebracht hatte.
Seine erste bedeutende Unternehmung in Halle ist die Domkirche,
Welche er mit Beibehaltung der mittelalterlichen Anlage seit 1520
zum Collegiatstift umwandelte und glänzend ausstattete. Damit
verband er einen neuen Palast zwischen den Gebäuden am Dom
und dem 'Klausthor, die noch jetzt vorhandene Residenz (1529).
Noch gewaltsamer riss er die beiden alten Kirchen am Markte
nieder und erbaute seit 1529 die grossartige Marienkirche, noch
ganz in gothischem Stil, aber mit reicher Renaissancedecoration
des Innern. Schon vorher hatte er seinem Günstling Hans von
Schönitz mehrere Kapellen am Markte geschenkt, um aus deren
Steinen eine Reihe stattlicher Gebäude zu errichten. Die grandiose
Anlage des Marktplatzes, der kaum einem anderen in Deutschland
zu weichen braucht und den die gewaltigen zum Theil noch mittel-
alterlichen Thürme sammt den imposanten Massen der Marienkirche
überragen, ist Albrechts Werk. Noch verdienstlicher war es, dass
er den Rath bewog, die verderbliche alte Sitte des Beerdigens in
der Stadt aufzugeben und vor den Thoren jenen Friedhof anzu-
legen, dessen grossartige Gestalt und künstlerische Ausstattung in
1) Vgl. Dreyhaupt, Beschreib. des Saal-Creyses. 1755. 2 Bde. Fol.,
sowie C. H.'v0m Hagen, die Stadt Halle. I. Bd. 1867. 2) C. H. vom
Hagen, I, 52 ü". Dazu J. H. Hennes, Albrecht von Brandenburg. Mainz
1858 und J. May, Albrecht I von Mainz und Magdeburg. I. Bd. 1865.