Kap-
Obersachsen.
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eingelassener Kugel, die Gesimse mit ihren kräftigen Consolen, die
Erker mit ihren Pilastern und Reliefs, rechts Fürstenportraits,
links die Geschichte des Sündenfalles, endlich die maassvoll be-
handelten Giebel, welche dem Dache vorgesetzt sind und gemalte
Ornamente zeigen, das Alles zeugt von einer überwiegend klassi-
zistischen Behandlung, doch ohne Trockenheit. An Feinheit der
Ausführung ist übrigens die Dekoration der Erker der am Fürsten-
hause zu Leipzig untergeordnet.
Im Innern führt die breite Wendeltreppe zu einer herrlichen
grossen Halle mit reich gegliederter Balkendecke auf kannelirten
ionischen Holzsäulen. Auch die Kopfbänder sind als antikisirende
Consolen behandelt. Mehrere prächtig dekorirte Thüren, Kamine
und eine Tribüne für die Musiker schmücken diese ansehnliche
Halle. _Ueber der Thüre zum Rathssaal liest man das bedeutsame
Motto: Blandis verbis et atrocibus poenis. Das Rathszimmer
selbst hat ähnlich reiche Decke wie der Vorsaal, die Fenster-
rahmen sind auf kraftvolle ionische Säulen gestützt, die Portale
ungemein reich geschnitzt, mit Hermen und Karyatiden eingefasst,
über dem einen der thronende Weltrichter. Ein anstossendes
Gemach, das auf den Erker hinaus geht, zeigt einfachere Behand-
lung an Decke und Fenstern, aber ähnliche Portale.
Das Schloss, eine ausgedehnte Anlage, deren Entstehung in's
Mittelalter hinaufreicht, ist mit Ausnahme der reichen spät-
gothischen Kapelle ohne künstlerisches Interesse. Nur im innern
Schlosshof sieht man den Ansatz einer dreistöckigen Arkade, von
der jedoch nur zwei Systeme ausgeführt sind: im Erdgeschoss
Rustika mit übertrieben geschwellten dorischen Säulen, die beiden
oberen Stockwerke mit iiachgedrückten Bögen, im ersten Stock
auf toskanischen Säulen, im zweiten auf Pfeilern, die mit ähnlichen
Halbsäulen bekleidet sind, eine Arbeit der Zeit um 1600 ohne be-
sondere Feinheit. Auch der damit verbundene Treppenthurm und
das Portal desselben ist nur Mittelgut.
Halle.
Unter den Städten dieses Gebiets, welche eine selbständige
Rolle spielen, ist vorzüglich Halle zu nennen. Schon seit dem
13. Jahrhundert hatte die Stadt durch ihre Salzwerke solche Be-
deutung erlangt, dass sie mit den Erzbischöfen von Magdeburg
hartnäckige Fehden durchfeehten und sich 1435 gegen ein starkes
Heer des Erzbischofs Günther und des Kurfürsten von Sachsen
behaupten konnte. lhr Wohlstand nahm im Laufe des 15 Jahr-