Kap. XV.
Obersachsen.
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in Sandstein ausgeführt sind, zeigt die Facade den Putzbau und
wird nur durch die paarweis gruppirten Fenster mit ihren kräf-
tigen im Charakter des Mittelalters gearbeiteten Rahmen belebt.
Ein zierliches Consolengesims bildet den Abschluss; die Dachgiebel
sind maassvoll und fein mit Pilastern eingefasst und durch Zahn-
schnittgesimse gegliedert. Ein schlichtes Bogenportal, darüber das
bemalte sächsische Wappen und eine Inschrifttafel, führt in den ge-
wölbten Flur, und von dort gelangt man zu einer rechts in einem
runden Thurm gegen den Hof vorgebauten Wendeltreppe. Den oberen
Theil dieses Treppenthurmes erblickt man auf unsrer Abbildung. Am
westlichen Erker der Fagade bezeichnet ein Steinmetzzeichen nebst
den Buchstaben P W wahrscheinlich den Namen des Baumeisters.
Reichere Entfaltung gewinnt die Architektur in Leipzig erst
gegen Ausgang__ der Epoche um die Mitte des 17. Jahrhunderts.
Eine grössere Uppigkeit in der Dekoration macht sich an den
Fagaden geltend. Ein Prachtstück dieser Art ist das Haus in
der Nicolaistrasse No. 47, ein hoher Giebelbau, im Erdgeschoss
Rustika, die oberen Stockwerke mit schlanken dorischen und
ionischen Halbsäulen, darüber der Giebel mit ionischer und korinth-
ischer Ordnung, an den Seiten barock geschweift mit Voluten und
Schnörkeln. Die derben und schweren Ornamente an den Fenster-
brüstungen, die schwülstigen Rankenfriese und Fruchtschnüre
deuten schon auf sehr späte Zeit. Uber der Hausthür ein noch
gut stilisirtes Eisengitter. Wi_e man ein einfacheres Portal blos
durch facettirte Quaderungen an Pfeilern und Archivolten wirksam
aushildete, zeigt die übrigens modernisirte Facade Reichsstrasse
No. 44. In derselben Strasse No. 5 eins der wenigen Häuser mit
eleganter ausgebildeten Gliedern, die Facade zwar einfach, aber
das breite rundbogige Portal mit hübschen Muschelnischen und
reich gegliederter Archivolte; darüber ein rechtwinkliger Erker,
dessen Auskragung prächtig decorirt ist, endlich als Abschluss
ein hoher Giebel mit zwei Ordnungen schlanker korinthischer Halb-
säulen, ausserdem mitbarocken Voluten eingefasst. Nicht minder
prächtig ein diagonal gestellter Erker in derselben Strasse an
dem Eckhaus No. 3, (Specks Hof). Dagegen ein polygoner Erker
mit prächtigem, aber schon krautartig breitem Akanthuslaub,
welches alle Flächen überzieht, an dem Hause Grimmaische Strasse
Nc, 35, Die Bghandlung dieser Arbeiten ist nicht mehr die knappe,
scharfe der Steintechnik, sondern die weiche, breite der Holz-
Schnitzerei. Eins der spätesten Beispiele endlich ist Hainstrasge
No. 4, wo ein prachtvoller Erker in drei Geschossen an allen
Flächen dies üppige Laubornament zeigt. Damit ist aber (113
Gränze unserer Epoche schon überschritten.