S06
III.
Buch.
Deutschland.
Renaissance in
bietet der Bau in seiner schlichten festungsartigen Behandlung
einiges Interesse. Dass im Jahre 1554 der kurfürstliche Bau-
meister Caspar Voigt beauftragt wurde, die Fundamente des Baues
zu graben, haben wir schon anderwärts (S. 730) erfahren; nach
anderer Nachricht 1) wäre das Werk schon 1551 begonnen worden.
Der Bau bildet in seiner Grundform ein rechtwinkliges Dreieck,
welches seine Hypotenuse nordostwärts gegen die Stadt wendet,
während die beiden Katheten mit einem auf der Ecke vorge-
schobenen runden Thurm sich südwestlich nach aussen wenden.
Der Haupteingang liegt auf der Stadtseite in der Mitte der
Diagonale. Die Behandlung des Ganzen ist massenhaft, und alle
Einzelheiten tragen den derben festungsartigen Charakter. Ein
mächtiger Wulst trennt als Gesimse den Unterbau vom Haupt-
geschoss. Aehnlich sind die Fenster und die Portale eingefasst,
und rohe Lisenen gliedern an einzelnen Theilen das Haupt-
geschoss. An einzelnen Stellen ist eine Rustika-Behandlung
durchgeführt. Gegenüber dem Haupteingang springt ein Vorbau
mit Erker in drei Geschossen aus dem Winkel des Dreiecks vor.
Hier befindet sich zur Rechten das einzige feiner behandelte Por-
tal, das zu einer Wendeltreppe führt. Ein anderes, gleich den
übrigen Theilen sehr derb gehaltenes Portal im südlichen Flügel
mündet ebenfalls auf eine Wendeltreppe. Der grosse runde Thurm
an der Südspitze dient jetzt als Observatorium.
Im Gegensatze zu all diesen äusserst schlicht behandelten
Werken stellt sich das Fürstenhaus in der Grimmaischen Strasse
als das einzige Gebäude von feinerer Durchbildung dar. Seit
1575 durch Doctor Georg Rode erbautß) erhebt es sich mit
langer Front in zwei Stockwerken und einem durch Erker charak-
terisirten Dachgeschoss mit seiner Langseite an dieser Haupt-
strasse der Stadt, an beiden Enden mit runden ausgekragten
Erkern geschmückt (Fig. 219), die nicht blos die reichste archi-
tektonische Gliederung zeigen, sondern auch durch Brustbilder,
Laubwerk, Wappen und Inschrifttafeln geziert sind. Die facet-
tirten Quadern, die Anwendung von dorischen Pilastern und Tri-
glyphenfriesen, so wie das häufig vorkommende aufgerollte Band-
werk entsprechen dem Charakter dieser Spätzeit, während der
Reichthum der Behandlung und die Zierlichkeit des Details fast
den Eindruck von Frührenaissance machen. Die Composition
dieser Erker und ihre Art der Aussehmückung ist als spezifisches
Merkmal der Obersächsischen Schule aufzufassen; in Torgau und
Dresden haben wir Aehnliches gefunden. Während diese Theile
190.
2) Ebenda S. 235.