Kap
Obersachsen.
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Kräften auszubeuten und durch kaiserliche und fürstliche Privi-
legien ihre Stellung immer mehr zu befestigen und weithin zur
herrschenden zu machen. Zugleich aber war die seit 1409 be-
stehende Universität eine tüchtige Pflegerin der wissenschaftlichen
Bestrebungen, obwohl sie sich der Reformation anfangs hartnäckig
widersetzte. Minder ergiebig war die Thätigkeit der immer
kräftiger aufblühenden Stadt auf künstlerischem Gebiete. Es ist
auffallend, wie wenig das ganze Mittelalter hier in architektonischen
und plastischen Arbeiten geleistet hat. In der Malerei sind wenig-
stens die neuerdings mit Sorgfalt wiederhergestellten Wandbilder
des Pauliner-Kreuzganges ein umfangreiches Werk; allein an künst-
lerisch hervorragenden Schöpfungen jener Epoche fehlt es durchaus.
Unter den öffentlichen Bauten der Stadt nehmen die Werke
des Mittelalters in der That nur geringe Bedeutung in Anspruch.
Dagegen verleiht die Renaissance den älteren Theilen ihr charakter-
volles Gepräge. Der Zug der Strassen mit den dicht gedrängten
hochragenden Bürgerhäusern verräth die Wichtigkeit, welche da-
mals schon Leipzig als Handelsstadt besass. Für die Anlage
der Häuser ist die Rücksicht auf die Messen und den Handels-
verkehr maassgebend gewesen. Das Erdgeschoss besteht immer
aus grossen Gewölben, die sich mit weiten Bogenstellungen gegen
die Strasse öffnen. Die Anordnung derselben ist jedoch überall
modernisirt, wird aber denen in Frankfurt a. M. ungefähr ent-
sprechend gewesen sein. Charakteristisch sind die weiten Höfe,
manchmal zwei hinter einander, durch Hintergebäude getrennt,
so dass die Anlage bis an die benachbarte Parallelstrasse reicht
und wie in Wien Haustlur und Höfe sich zu öffentlichen Durch-
gängen gestalten. In der Entwickelung der Facaden ist ein Ein-
fluss von Dresden zu bemerken, doch herrscht hier durchweg
grössere Einfachheit. Bemerkenswerth z. B. die beiden Portale
in der Kleinen Fleischergasse No. 8 und 19, den bekannten Dres-
dener Portalen entsprechend, aber weit hinter ihnen an Feinheit
der Ausbildung zurückstehend. Der Sandstein ist überhaupt hier
sparsamer verwendet,'die zierlicheren Formen, Gliederungen, 01--
namente fehlen fast durchweg. Dagegen ist die Oonception im
Ganzen kräftig und gediegen, namentlich werden die Erker in
ähnlicher Weise wie in Dresden verwendet, und geben den
Strassen das lebensvolle und zugleich wohnliche Gepräge. Die
reicheren unter diesen Erkern gehören freilich erst der späteren
Zeit an und werden dann mit Vorliebe in Holz und zwar in
reichem Schnitzwerk ausgeführt. Ein Prachtstück dieser Art z. B.
Petersstrasse N0. 6, und eine überaus reiche Barockfacade im
üppigsten Zwingerstil ebendort N0. 41.
Kugler, Gesch. d. Baukunst. V. 51