Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

vor welchem der Betende kniet. Eine nfeine, kurze, tapfere 
Grabschrift" zu bekommen, hielt besonders schwer, da Melanch- 
thon, von dem der Kurfürst eine solche wünschte, darüber ge- 
storben war. Nun beschloss der Kurfürst, den Chor des Domes 
zu einer Grabkapelle der Fürsten seines Hauses glänzend umzu- 
gestalten. Nosseni entwirft 1585 den ersten Plan zu diesem 
grossartigen Werke, das die Formen der italienischen Hoch- 
renaissance hier zum ersten Mal zur Geltung bringt. Um das 
Material für die Bauten herbeizuschaifen, muss der Künstler 
überall im Lande nach Steinbrüchen von Marmor, Alabaster, Gyps 
und Kalk suchen; schon früher hatte der Kurfürst, stets eifrig 
bemüht neue Erwerbsquellen seinem Lande zu erschliessen, unter 
Zusicherung einer besonderen "Erg-ötzliehkeit", zum Auffinden sol- 
eher Steinlager seine Baumeister angefeuert. Zur Ausschmückung 
seiner Schlösser berief er den Maler und Bildschnitzer Hans Schräer 
aus Lüttich (dem Namen nach eher ein Nieder-deutscher als ein 
Niederländer), den er beim Landgrafen Wilhelm von Hessen in 
Oassel kennen gelernt hatte. Dieser malte u. A. für das Schloss 
Freudenstein bei Freiberg achtzehn Bilder aus der Geschichte 
des Amadis von Gallien. Auch im Schloss zu Dresden war er 
1575 beschäftigt. Er wird als ein Künstler bezeichnet, der im 
Malen, Giessen und "in der weissen Arbeit, so man Stuck nennt" 
erfahren sei. Den im Festungsbau gepriesenen Grafen Rochus 
Lynar, einen Italiener, der später in Brandenburgische Dienste 
trat (siehe oben S. 708) berief August schon 1570, um durch ihn 
Dresden befestigen und die Schlösser Annaberg, den Freuden- 
stein bei Frciberg und die Augustusburg oben im Erzgebirge. 
erbauen zu lassen. Die Kunstkammer in Dresden war damals 
schon wegen ihres Reichthums an Meisterwerken aller Art die 
Bewunderung der Zeitgenossen. 
Der baulustige Christian I (1586 bis 1591) setzt die von 
seinem Vater angefangenen Unternehmungen nicht minder eifrig 
fort. Nosseni reist 1588 nach Italien, gewinnt dort, durch Ver- 
mittlung des Giovanni da Bologna, für die Bronzewerke des Frei- 
berger Grabdenkmals den iiorentiner Erzgiesser Carlo de Cesare 
und beruft noch andere welsehe Künstler, versäumt auch nicht 
in Murano 600 venezianische Krystallgläser für den Kurfürsten 
zu kaufen. Während in Freiberg an der Grabkapelle fortgebaut 
wird, beginnt man in Dresden auf der grossen Jungfernbastei 
an der Elbe ein Lusthaus zu errichten, wie es damals an allen 
Höfen als Schauplatz für die prunkvollen Feste beliebt war. Der 
Bau, an der herrlichen Stelle des jetzigen Belvedere gelegen, wo 
die Aussicht über den Strom und die mit Wein bekränzten und
	        
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