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Anfänge deutscher Renaissance bei Malern und Bildhauern.
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kräftige Umrisse und reichen Wechsel in der Silhouette, um eine
wirkungsvolle Zusammenstellung kontrastirender Farben zu er-
möglichen. Desshalb sind auch Athleten und Karyatiden, Friese
mit figürlichen Darstellungen, kurz alle Elemente, Welche der
neue Stil bot, zu Hülfe genommen. Aus diesen Anfängen ent-
wickelte sich die Schweizer Glasmalerei im weiteren Verlaufe
des 16. Jahrhunderts zu jener Pracht, von welcher noch jetzt
manche Reste in Rathssätlen, Zunftstuben und Schützenhausern
Zeugniss ablegen Eine der frühesten dieser Reihenfolgen ist die
im Grossrathssaal zu Basel von 1519 und 1520, zum Theil nach
Zeichnungen von Ilolbein, Urs Graf und Jiklas Manne! ausgeführt.
Letztere beiden Meister gehören zu denen, welche neben Holbein
die Renaissance zuerst dort einbürgerten. Ein Beispiel Holbein-
Scher ("iomposition zu Glasgemalden, jetzt im Kupferstichkabinet
Zu Berlin befindlich, geben wir nach der Abbildung bei Wolt-
mann (Fig. 3). An den schlanken Doppelsäulen, welche den
Pfeilern vorgesetzt sind, erkennt man, wie willkürlich sogar
selbst Holhein damals noch die neuen Formen behandelte, und
wie manche mittelalterliche Anklänge selbst an romanischen Stil
dabei eintiiessen. Aber auch sonst zeigt sich der Meister überall
Von dem Bestreben erfüllt, die Formen des neuen Stiles, wo es
irgend möglich war, anzubringen. Sogar auf den Bildnissen
Jakob liieyeifs und seiner Gattin vom Jahre 15161) sieht man
Säulen von sehr wunderlicher Form, in denen die Renaissance
noch sehr unklar aufgefasst erscheint. Auch das Laubwerk am
Architrav, die Wölbung mit ihren Rosetten, mit einem Wort das
ganze architektonische Gerüst zeugt von geringem Verständniss.
Es ist das Kindlichste iu dieser Hinsicht, was wir von Holbein
besitzen. Schon aus der Entwicklung seiner Architekturformen, die
in den Entwürfen zu Glasgemalden, namentlich in den Passions-
bildern, so viel freier und sicherer gehandhabt sind, lasst sich
vermuthen, dass er inzwischen in Oberitalien gewesen sein muss.
Zwar-wissen wir zu wenig über die Art, wie die damaligen
flßlltsßhen Meister studirten; manches mögen sie aus italienischen
(icmäldßn, noch mehr aus Kupferstichen sich angeeignet haben;
am Hertensteinsehen Hause hat Holbein Studien nach Mantegnas
Tillulllllhzug des Caesar verwerthet: dennoch muss man bßi einer
solchen Vertrautheit mit den Formen der Renaissance, wie
Holbein Sie imid an den Tag leg-t, auf eine Anwesenheit in Ita-
lien schliessen. Gleichwohl bleibt in der lilehrzahl dieser Werke
Abb.
bei
Woltx
nann,