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Buch.
III.
Die Renaissance in Deutschland.
Kirche ist ein Bau derselben Zeit, ebenfalls aus Backstein, die
Gliederungen in Sandstein, namentlich die hohen Rundbogen-
fenster, welche gothisirendes Maasswerk zeigen. Der Bau ist in
Kreuzform angelegt, mit hohen einfachen Giebeln, alles ziemlich
nüchtern.
Ein merkwürdiges Renaissancewerk besitzt die an" sich sehr
unbedeutende Grosse Kirche St. Oosmas und Damianus.1) Es
ist das Denkmal des 1540 gestorbenen Grafen Enno II von Ost-
friesland, 1548 jedenfalls von Niederländischen Künstlern
ausgeführt. Die Marmorfigur des Verstorbenen, auf dem Sarko-
phag liegend, ist schon sehr modern und wohl stark restaurirt;
aber überaus originell zeigt sich die Einfassung der Kapelle.
Elegante dorische Säulen wechseln mit phantastischen Hennen,
welche Löwenköpfe haben, und deren Füsse wie aus Futteralen
hervorragen: Formen, die in der französischen und niederlän-
dischen Renaissance öfter vorkommen. Dazwischen sind kleinere
Theilungen durch Hermen und Karyatiden, abwechselnd mit den
elegantesten ionischen Säulchen hergestellt. Die Postamente der
grossen Säulen und Hermen sind mit Trauergestalten dekorirt.
Endlich sieht man oben in den fünf Bogenfeldern und den Friesen
die ganze Leichenbestattung, die Züge der Trauernden mit der
Bahre, den Leichenwagen und das Gefolge der Leidtragenden
in trefflich ausgeführten Reliefs. Es ist als ob man die Be-
schreibung eines jener prunkvollen fürstlichen Begräbnisse der
Zeit lebendig werden sähe. In der Mitte baut sich sodann auf
Pilastern ein Baldachin mit Tempelgiebeln auf. Nach innen sind
statt der Karyatiden nur ionische Säulenreihen in eleganter Canne-
lirung dem Bau vorgesetzt. Der obere Baldachin stützt sich hier
auf zwei wachthaltende Krieger. Das Ganze trägt durchaus das
Gepräge französisch-niederländischer Kunst.
Etwas weniger ausgiebig ist Oldenburg; doch bieten die
älteren Theile des Schlosses, am nordöstlichen Sockel mit 1607
bezeichnet, einen wenn auch nicht bedeutenden Rest dieser Zeit,
welcher sich indess immerhin charaktervoll von den späteren
kasernenartigen Zusätzen unterscheidet. Es sind zwei Stockwerke,
denen in der Mitte ein drittes Geschoss aufgesetzt ist. Die breiten
dreitheiligen Fenster, mit gebrochenen Giebeln geschlossen, haben
eine Einfassung von Hermen und barockgeschweiften Rahmen.
1) Ausserdem eine Messingplatte des Priesters? Ilgrmann Wessel aus
Rostock (1- 1500) ein edles spätgothisohes Werk, nqxtfemfm gTgvlftili Pär-
stellungen, in der Mitte die grosse Gestalt ChrlSth rmgs on 9111911
Heiligenüguren umgeben.