XIV.
Die norddeutschen Küstengebiete.
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voll ausgebildeten Consolen und darüber eine durchbrochene
Balustrade, mit kleinen Pyramiden und an den Ecken mit Sta-
tuen besetzt. Darüber ragt dann in der Mitte der hohe Giebel
des Erkers und auf beiden Seiten ein kleinerer Daehgiebel auf.
Alle diese Zusätze sind dem Backsteinkern des Baues in durch-
gebildetem Quaderbau angefügt.
Muss schon die Composition als ein Meisterwerk ersten Ranges
bezeichnet werden, so gehört vollends die Durchbildung zu dem
Vollendetsten, was wir in diesem schon barock umgebildeten
Renaissancestil in Deutschland besitzen. Die Schönheit der Ver-
hältnisse, die meisterhafte Behandlung der architektonischen Glie-
der, die Feinheit in der Ausbildung derselben übertrifft z. B. weit
die Facade des Lübecker Rathhauses, ja in schwungvoller An-
YVendung bildnerischen Schmuckes muss selbst der Friedrichsbau
111 Heidelberg zurückstehen. Alle Flächen sind mit Sculpturen
bedeckt, in den Zwickeln der Arkadenbögen sind es Figuren
antiker Gottheiten und allegorischer Personitikationen; meister-
haft aber vor Allem sind die grossen Friese prachtvoll bewegter
Phantastischer Meeresgeschöpfe, Nachklänge jener berühmten an-
tlken Gestalten, deren Erfindung im letzten Grunde bis auf Skopas
zurückgeht. Ein stürmisch bewegtes Leben spricht sich hier mit
Kraft und Kühnheit aus, als trefflichster Ausdruck für die in der
Nähe des Meeres gelegene Seestadt. Dieser reiche Schmuck ge-
Wlnnt an dem Erker und den Dachgiebeln erhöhten Glanz und
Verbindet sich dort mit Säulenstellungen, Hennen und all den
phantastisch barocken Formen dieser üppigen Zeit. Dazu kommt,
dass das Figürliche, welches hier in solchem Umfang zur An-
Wendung gebracht ist, grösstentheils von sehr geschickten Händen
herrührt, so dass die Ausführung hinter der Absicht kaum zurück-
bleibt. Nach alledem muss man den sonst unbekannten Meister
dieses Baues, Lüder von Bentheim, zu den hervorragendsten Künst-
16111 unsrer Spätrenaissance zahlen. Dagegen sind die zwischen
den Fenstern beibehaltenen aus dem Mittelalter herrührenden
Statuen ohne höheren Kunstwerth.
Im Innern besteht das Erdgeschoss aus einer Halle, deren
Decke auf einfachen Holzpfeilern ruht. Nur ein Portal in kräftig
reicher Schnitzarbeit ist hier zu erwähnen. Auf einer elegant
111 Holz geschnitzten Wendeltreppe gelangt man in den oberen
Saal, der die ganze Ausdehnung des Gebäudes, 140 Fuss bei
45 Fuss Breite und etwa 30 Fuss Höhe umfasst. Er hat eine
111" barocken Formen gemalte Holzdecke, rings an den Wänden
Tafelwerk, an der Fensterseite Bänke, welche die 5 Fuss tiefen
Fellsternischen umziehen und mit hübsch geschnitzten Wangen