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III.
Buch.
"Renaissance in DeutschIsLnd.
stehenden Facade hat man denselben Schmuck gegeben. Ein
anderes noch etwas früheres Beispiel vom Jahr 1543 bietet die
Facade an der Münze N0. 9. Die farbig glasirten ReliefmedaillonS
mit den zeitgenössischen Portraitköpfen sind derb und lebendig
ausgeführt.
Etwas später tritt eine Veränderung im Stil dieser Terra-
eotten auf Statt des farbig geschmückten Flachreliefs stellen
sich im kräftigsten Hoehrelief weit vorspringende Köpfe ein, die
nun keine Glasur mehr erhalten. Der malerische Stil macht
einem mehr plastischen Platz. Ein charakteristisches Beispiel
dieser Art gewährt ein Haus von 1559 in der Bardowiker Strasse
N0. 30, mit sehr gut behandelten Reliefköpfen; vom Jahre 1560
das Haus am Marktc N0. 1, wo aber diese Köpfe und die Wappen
in Sandstein eingesetzt sind. In der Mitte ein hübsches Barock-
schild, von Engeln gehalten. Um diese Zeit dringt also der
Hausteinbau ein und findet namentlich an einzelnen Pracht-
portalen, offenbar nach dem Vorgange von Lübeck, seine Ver-
wendung. S0 an dem Hause Neue Sülze N0. 27. Ein anderes
in der Grossen Bäckerstrasse No. 30, mit korinthischen Säulen
eingefasst, deren Schaft am untern Theil mit Metallornamenten
bedeckt ist. Das Prachtstück aber in derselben Strasse N0. 9,-
die Rathsapotheke, wo das Portal mit Hermen eingefasst ist,
welche medizinische Gefässe halten und an den Schäften reich
dekorirt sind, darüber ein Bogen mit Masken und Festons, in den
Zwickeln zwei sitzende weibliche Figuren. Das Portal ist nach
dem Vorbilde der Lübecker von ungewöhnlicher Höhe.
In charaktervoller Weise haben die verschiedenen Kunst-
epochen sich am Rathhause ausgesprochen. Es ist gleich dem
von Lübeck ein Oonglomerat, in mehreren Perioden allmäliä
durch neue Ansätze vergrössert. Im Wesentlichen aus verschie-
denen Epochen des Mittelalters stammend, ist es äusserlich ohne
grossartigere Gesammtwirkung, und die Hauptfacade am Markt
mit ihren Bogenhallen und den mit Figurennischen dekorirten
Pfeilern trägt den Charakter einer späten Restauration. Man liest!
Exstructum 1720, renovatum 1763. Interessanter ist das Innere:
welches in verschiedenen Epochen eine zum Theil prachtvolle
Ausstattung erhalten hat. Noch völlig gothisch ist der mit höl-
zernem Tonnengewölbe überdeckte Saal, der durch seine Glas-
gemälde, seine schönen Bodeniiiesen, in welchen man vor den
Sitzen der Rathsherren noch die Oeifnungen der LuftheizungS-
röhren mit ihren Metallverschlüssen sieht, mit seiner polychromen
Deckenmalerei und der völlig erhaltenen Wandvertäfelung mlt
ihren Schranken und den Sitzen für die Rathsherren einen unver-