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III. Buch.
Renaissance in Deutschland.
Einige werthvolle Werke ünden sich sodann in den ver-
schiedenen Kirchen der Stadt. Bemerkenswerth zunächst in der
Marienkirche die grossartige Ausstattung mit Messinggitterll,
welche den ganzen Chor und die zahlreichen Kapellen, ebenso
auch das Taufbecken umgeben. Sie datiren sämmtlich von 1518 und
zeigen im Wesentlichen zwar noch die Elemente des gothischell
Stiles, aber doch in einer Umbildung, welche nicht ohne Ein-
wirkung der Renaissance zu denken ist. Diese selbst mit ihren
zierlichen Formen findet man sodann, freilich ganz vereinzelt, an
der schönen Grabplatte des in demselben Jahre 1518 verstorbenen
Gothard Wigerinck, ebenfalls ein Bronzewerk. Weit geringer
war um dieselbe Zeit hier die Steinarbeit, z. B. an dem Grab-
stein des Christoph und Johann Tidemann im Chorumgang deS
Doms, stumpfe Gestalten in schlichter Einfassung von korill-
thischen Halbsäulen, die Schäfte oben kannelirt, unten mit Orna-
menten geschmückt, sicher erst nach der Mitte des Jahrhunderts
gearbeitet. Holzschnitzerei und Metallguss sind und bleiben die
hier bevorzugten Künste. Erstere ist besonders an der pracht-
vollen Orgel der Aegidienkirehe, sowie an dem 1587 ausgö"
führten Lettner, dessen gewundene Treppe auf Atlanten ruht,
nicht minder an dem meisterhaften Uhrwerk der Marienkirebß-
vom Jahr 1562 vertreten. Dagegen ist die Orgel in derselben
Kirche ein ebenso prächtiges Werk der spätgothischen Epoche:
gleichzeitig mit der übrigen Ausstattung der Kirche 1516-4513
von Meister Barthold Hering ausgeführt. Auch das Stahlwerk der
Kirche zeigt eine bewundernswürdig reiche und edle Ausbildung,
die Füllungen namentlich mit Arabesken vom feinsten Geschmack
und voll Phantasie. Zwei reich geschnitzte Orgeln hat auch die
Jacobikirche, und zwar die eine von 1504, die andere 1'011
1.637, aber auch diese noch mit überwiegend gothischen Formell-
Was an Bronzewerken in Lübecks Kirchen vorhanden, übel"
steigt jede Vorstellung. Von der unvergleichlichen Pracht de?
zahlreichen Gitter in der Marienkirche, die freilich überwiegend
noch der Gothik angehören, war schon die Rede. Von andern
Werken der früheren gothischen Epoche habe ich hier nicht Zu
berichten; wohl aber von dem herrlichen Bronzegitter der Bremer-
kapellc vom Jahr 1636, mit Säulen, Hermen und Karyatiden gß"
gliedert, schon sehr barock, aber höchst geistreich und elegant,
dabei von meisterhafter Technik. Prachtvolle Kronleuchter finden
sich in der J acobikirche, noch glänzender aber sind die Kroll"
leuchter, Wandleuchter und Gitter in St. Peter, datirt von 16211
1639, 1644, voll Phantasie und Anmuth, mit kletternden und
spielenden Putten dekorirt. Auch die Aegidienkirche und der