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Buch.
III.
Deutschland.
Renaissance in
Häuser erkennt man dieselben Grundzüge. Das Erdgeschoss
bildet unten auch hier eine weite und hohe Halle, die ihr Licht
aus mächtigen Fenstern vom Hofe her erhält und ihren Zugang
von der Strasse in einem riesig hohen Portale besitzt. Ucber
der Hausthür ist jetzt oft eine kleine Kammer angebracht, die
aus dem mit dem Portal verbundenen Oberfenster ihr Licht er-
hält. Eine kleine Comtoirstube ist stets vom Flur abgetrennt.
Im Hintergründe führt eine oft reich geschnitzte Treppe zu einer
Galerie, welche den Zugang zu den niedern Schlafkammern und
den oberen Geschossen vermittelt. Die Facaden der Häuser
zeigen fast ohne Ausnahme den schlichtesten Backsteinbau, neue1'-
dings fast immer mit Oelfarbe überstrichen. Einfache Staifel-
giebel, durch Lisenen und Mauerblenden gegliedert, bilden den
Abschluss. Von der reichen Ausstattung mit den Formen der
Renaissance bei überwiegender Anwendung von Sandstein, wie
wir es in Danzig fanden,.ist hier nirgends die Rede. Den Erker
hat man hier wie in Danzig und den andern niederdeutschen
Seestädten vermieden. Nur indem man zahlreichen Häuserll
prachtvolle Portale im beginnenden Barockstil versetzte, suchte
man der allgemeinen Zeitrichtung Rechnung zu tragen. Karyatiden
und Hermen, Statuen von Tugenden, Masken und Fruchtschnüre
spielen dabei eine grosse Rolle. Ein Prachtstück dieser Art vom
Jahre 1587 sieht man Schlüsselbuden No. 190, mit zwei gewal-
tigen Hermen, darüber in einer Nische eine weibliche Figur, voll
zwei liegenden Gestalten eingeschlossen, sämmtlich sehr lang-
beinig und manierirt. Ein hübsches Portal ebenda No. 195,
gleichfalls mit Figuren geschmückt und sämmtliche Flächen mit
Metallornamenten dekorirt. Ein prächtiges Portal ebenda No. 195,
mit Kriegerfiguren und allegorischen Darstellungen, auch hier
das Figürliche unerträglich manierirt. Auf solchen Schmuck ver-
zichtet das Portal an No. 194, erholt sich dagegen an reichen
Fruchtgehängen und Masken. Mehreres von ähnlichem Charakter
in der Fischstrasse. Eins der üppigsten schon stark überladenen
und geschweiften an No. 85; ein ganz kleines, blos mit Rosetten
und Köpfen dekorirt an No. 96; facettirte Quadern mit Stern-
mustern an No. 104, wo ausnahmsweise auch der Hausgiebßl
mit Voluten geziert ist. Die sehr langen Figuren findet man
wieder an No. 106. Ueberaus reich mit Festons und Hermen iSt
No. 107 dekorirt, wo auch die oberen Theile der Facade ähn-
lichen Schmuck erhalten haben, und in der Mitte eine Abundantia
in einer Nische aufgestellt ist. Einfacher in Anlage und Be-
handlung No. 105. Mehreres auch in der Breitenstrasse. Phan-
tastisch reich mit Masken geschmückt No. 785. Noch stattlicher