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III.
Buch.
Renaissance in
Deutschland.
ehemals bis 1868 zum Theil als Arbeitsstellen für die Gold-
schmiede benutzt, neuerdings zum grossen Vortheil für die Ge-
sammtwirkung geöffnet und sorgfältig wieder hergestellt. Zwei
gewölbte Durchgänge stellen die Verbindung mit der Breiten-
strasse her. Der südliche Theil enthielt ehemals die Rathsivaage,
und an ihn wurde gegen Ende des 16. Jahrhunderts nach der
Strassenseite die prächtige Freitreppe gebaut, die ein Hauptstück
der Renaissance ist. Im oberen Stock befand sich ehemals der
Löwensaal, 90 Fuss lang und 24 Fuss breit, daneben ein Vorplatz
und die sogenannte Kriegsstube, 36 Fuss breit und 48 Fuss lang.
Der ganze Flügel aber erstreckt sich zu einer Länge von 150 Fuss!)
Für unsere Betrachtung ist zunächst von Wichtigkeit der
prächtige Vorbau, welcher 1570 der Südseite vorgelegt wurde
(Fig. 206). Die zierlichen Hallen, auf zwölf Pfeilern mit kräf-
tigen etwas gedrückten Bögen sich öffnend, werden nach oben
durch drei Giebel abgeschlossen, von denen der mittlere als
dominirender Theil höher emporragt. Die Composition ist vor-
treiflich, die Gliederung reich und doch klar, aber das Figürliche
zeugt von schwachen Händen, und das ganze Werk, so ansehn-
lich es auch ist und so bestechend das schöne Sandsteinmaterial
wirkt, gehört doch nicht zu den vorzüglichsten Schöpfungen der
Zeit, ist z. B. dem Bremer Rathhaus keineswegs ebenbürtig.
Vom Jahre 1594 datirt sodann die prächtige Freitreppe, welche
an der Breitenstrasse auf vier Pfeilern angelegt ist, eine überaus
malerischeConception, in kräftigen und reichen Formen durch-
geführt, namentlich die einzelnen Quadern mit jenen Sternmustern
geschmückt, welche in dieser Spätzeit allgemein beliebt waren.
Weiter nordwärts aus derselben Epoche ein prächtiger Erker in
ähnlichen Formen. Auch das Innere des Baues wurde damals
reich geschmückt, besonders die Kriegsstube zeigt noch jetzt die
prachtvolle Ausstattung jener Epoche. An dem Marmorkamin, der
neuerdings barbarischer Weise mit dunkler Oelfarbe überschmiert
warf) liest man die Jahr-zahl 1595. Zum Schönsten in dieser
Art gehört die Wandvertäfelung, bei Welcher Schnitzwerk und
eingelegte Arbeit zusammenwirken. Auch das Portal zum Raths-
saale ist eine treifliche Schnitzarbeit. Sie datirt von 1573, hängt
also mit dem Bau der südlichen Arkadenfront zusammen.
Von den städtischen Bauten ist sodann noch das ehemalige
Zeughaus beim Dom vom Jahre 1594 zu nennen. ES ist ein
l
Werthvolle Notizen verdanke ich der Güte des
dlrelftgrs Krieg. 2) Seit Kurzem durch die Sorgfalt
gerelmgt. Treff lieh photogr. Aufnahme von Nöhring.
Herrn Stadtbau-
des Herrn Krieg