Kap. XIV.
Küstengebiete.
Die norddeutschen
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Säulenstellungen eine reichere Gliederung bewirkt, die an den
hohen Giebeln des Aeusseren durch Häufung der Säulenstellungen
etwas phantastisch Unruhiges erhält. Das Hauptgesims mit seinen
frei gruppirten Consolen giebt einen wirksamen Abschluss. Sämmt-
liche Fenster sind im Stichbogen gewölbt und erhöhen bei grossen
Verhältnissen und bedeutenden Axen den wahrhaft vornehmen
Charakter des Baues. Mit Recht aber hat der Architekt an der
Südseite die zahlreicheren Fenster dicht zusammengedrängt, um
von der entzückenden Aussicht in die Landschaft möglichsten
Vortheil zu ziehen. Die dort liegenden grossen Säle gehören
durch Stattlichkeit des Raums, Fülle des Lichts, Freiheit der
Lage zu den schönsten ihrer Art. Was den Haupträumen des
Schlosses noch einen besonderen Reiz verleiht, sind die zahl-
reichen tiefen Nischen und Erker mit ihren freien Ausblicken,
die auch das Aeussere mannigfach beleben. Die Lust an der
Dekoration ist bis zu den Schornsteinen des Daches gedrungen,
die mit Voluten und andern Ornamenten reich geschmückt sind.
Auch die zahlreichen Wetterfahnen auf den Dächern zeigen
lustigen figürlichen Schmuck. An dem östlichen thurmartigen
Vorsprung des Nordflügels ist im zweiten Stock ein Balkon
herausgebaut, welcher mit hübschem Wappen und einer Inschrift
geschmückt ist. Diese besagt, dass Herzog Ulrich, nachdem
1586 das alte Haus abgebrannt, dasselbe in den beiden folgenden
Jahren wieder erbaut habe. Die Jahrzahl 1589 liest man an
einem Giebel desselben Flügels. Die Einzelheiten dieses Her-
Stellungsbaues zeichnen sich durch eine strengere Behandlung
mittelst antikisirender Pilasterstellungen aus.
Was endlich diesem majestätischen Bau seine besondere
Bedeutung verleiht, ist, dass er die umfangreichste, schönste
und merkwürdigste Stuckdekoration besitzt, welche irgendwo in
Deutschland aus jener Epoche anzutreffen ist. Schon die reiche
Stuckbekleidung des Aeussern, durch eigends geformte Back-
steine vorgemauert, zeigt in der wohlberechneten mannigfaltigen
Gliederung und Abstufung eine wahre Künstlerhand. Am Unter-
bau z. B. sind dunkelgefärbte horizontale Rundstäbe als Einlagen
verwendet und eingerahmt. Gradezu unvergleichlich ist aber die
Ausstattung des Innern. Die Decken und Gewölbe sämmtlicher
Säle und Gemächer, zum Theil auf Säulen ruhend, haben eine
Stuckdekoration, welche eben sowohl durch die Mannigfaltigkeit
der Eintheilungen wie durch die Schönheit des Einzelnen be-
wundernswürdig ist. In den reich variirten Formen der Decken,
Kreuzgewölbe, Flachdecken und Spiegelgewölbe bot sich die
Willkommenste Gelegenheit stets neue Motive der Eintheilung und