Kap
XIV.
norddeutschen Küstengebiete.
Die
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von Venedig entbot der Herzog zu sich, um von ihm Rath und
Pläne zu erhalten. Bei diesen Italienern handelte es sich um die
Befestigungen zu Dömitz und Schwerin, denn die Italiener stan-
flen damals, wie bald darauf die Niederländer im Festungsbau
111 hohem Ansehn. Von der ehemaligen Pracht der Ausstattung
des Schlosses gaben zuletzt nur noch die zahlreichen Terracotten,
welche man zur Ausstattung der gegen den Garten gelegenen
Srossartigen Grotte verwendet hat, Zeugniss. Es sind meisten-
theilß männliche und weibliche Portraits fürstlicher Persönlich-
keiten, wozu jedoch noch Medaillons mit antiken Bildnissen kom-
men, die in Wismar-fehlen. Auch Löwen, Doppeladler und
andere Thiere, trefflich stilisirt und gleich den Medaillons in
Lorbeerkränze gefasst, sind eingestreut.
_ Das dritte dieser grossartigen Schlösser, das zu Güstroiv,
1st, obwohl jetzt zur Strafanstalt degradirt, im Wesentlichen noch
Wohl erhalten. Es wurde nach einem Brande 1558 von Herzog
Ulrich durchden Baumeister Franciscus Parr neu aufgeführt und
bis 1565 vollendet. Der nördliche Flügel brannte 1586 ab, worauf
bis zum Jahre 1594 eine durchgreifende Wiederherstellung erfolgte.
Am südlichen Ende der sauberen, freundlichen Stadt erhebt sich
mit imposanten Massen, auf den Ecken und in der Mitte durch
hohe Pavillons mit iiankirenden Thürmen malerisch gruppirt, der
sehr ansehnliche Bau (Fig. 202). Die Architektur desselben, voll-
Ständig in Stuck durchgeführt mit Nachahmung mannigfaltigen
Quaderwerks, weicht von dem Terracottastil der meisten übrigen
meklenburgischen Schlösser in auffallender Weise ab, und er-
innert durch ihre Formen und besonders durch die Pavillons mit
ihren steilen Dächern und die zahlreichen Schornsteine an fran-
zösische Renaissance, während der deutschen Sitte wieder durch
hohe, kräftig gegliederte Giebel Rechnung getragen wird. Man
nähert sich dem Sehlosse von der Westseite, wo der tiefe Graben
überbrückt ist und durch einen späteren von Herzog Gustav Adolf
ausgeführten Vorbau beherrscht wird. Der grosse Thorweg liegt
nicht in der Mitte, sondern etwas seitwärts geschoben im west-
lichen Hauptliügel, der sich in einer Länge von 192 Fuss bei
S0 Fuss Höhe erstreckt. Er enthält auf jeder Seite des Thor-
Wßges (vergl. Fig. 204) zwei grosse beinahe quadratische Zimmer
von 25 Fuss Tiefe, zu welchen an der längeren Südseite noch
ein Ecksaal von 30 zu 34 Fuss hinzukommt. Beide Eckräume
erhalten eine Erweiterung durch polygone Erkerthürme, deren
Fenster köstliche Ausblicke auf die umgebende liebliche Land-
schaft mit ihren saftigen Wiesengründen, Baumgruppen und
klaren Seespiegeln gewähren. Vom Hauptbau zieht sich ein süd-
Kugler, Gesell. d. Baukunst. V. 47