734
III. Buch.
Renaissance in Deutschland.
antike Begebenheit darstellend. Derselbe Reichthum von Deko-
ration schmückt auch die zahlreichen Portale, von denen die
kleineren im Hofe mit ihren halbkreisförmigen Abschlüssen, den
eleganten Laubornamenten, den feinen Kapitalen und den in den
Zwickeln und Friesen angebrachten Portraitmedaillons wahre
Meisterwerke der Dekoration sind. Dagegen erkennt man in den
zahlreichen Hermen und Karyatiden_dcr Fenster und der beiden
Hauptportale eine Weit gröbere Hand und eine starke Hinneigung
zum Barocken. Trotzdem gehört der Bau, eben wegen dieser
durchgebildeten Thonplastik, zu den merkwürdigsten Denkmalen
unserer Renaissance, und es ist für uns von hohem Werth zu
erfahren, dass seit der zweiten Hälfte des Jahres 1552 der Stein-
brenner Statius von Bären diese Ornamente aus "gebranntem Thon
gefertigt hat. Noch 1557 stand er in herzoglichen Diensten und
lieferte auch für Herzog Ulrich verschiedene thönerne Werkstücke,
wobei ihm für ein „grotes Stück Biltwerk" fünf, für ein kleines
zwei Schillinge bezahlt wurden. Später liess er sich in Lübeck
nieder, wo wir ähnliche Arbeiten ünden werden. Neben ihm
war zu Schwerin noch ein alter Ziegelbrenner thatig, zu Dömitz
aber wurden holländische Ziegelbrenner beschäftigt. Statius Her-
kunft von Düren weist nun freilich auch auf die an Holland
grenzende Gegend des Niederrheins, und es läge also die Ver-
suchung nahe diesen Stil von dort herzuleiten. Allein da wir
in jenen Gegenden nichts Derartiges kennen, so haben wir wohl
diese anderwärts in Deutschland und überhaupt im Norden nirgends
vorkommende Ausbildung des Terracottastils unsrer Epoche als
eine ausgezeichnete Eigenschaft der Meklenburgischen Gebiete
zu betrachten. Dass die Kenntniss der oberitalienischen Backstein-
bauten dabei den ersten Anstoss gegeben habe, dürfen wir wohl
vermuthen.
Von der alten Einrichtung ist nichts mehr erhalten. Links
von dem gewölbten Eingange, der als Durchfahrt zum Hof diente,
war die Hofstube, rechts die Wohnung des Pförtners und anderer
Diener. Im ersten Stock war der grosse Tanzsaal, der die ganze
Länge des Flügels umfasste; im dritten Stock, der eine anmuthige
Aussicht gewahrt, befand sich der Speisesaal, daneben der Her-
zogin Gemach, und die Rathsstube. Den Zugang zu den oberen
Stockwerken vermittelte die am östlichen Ende in einem vier-
eckigen Treppenhaus angebaute Wendelstiege. Das Dach hatte
ursprünglich Giebelerker mit Gemachern, die aber 1574 abge-
tragen wurden, weil von ihrer Last das Gebäude gesunken War-
Die Deckenverzierungen für die Säle des Fürstenhofes sowie des
Schlosses zu Schwerin malte 1554 Meister Jakob Strauss zu Berlin.