Kap. XIV.
Die norddeutschen Küstengebiete.
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lich Nürnberger Goldschmiedearbeit, etwa um 1560 ausgeführt.
Deutsche Arbeit, wenngleich von geringerer Art, ist auch das
Kurschwert des Hauses Brandenburg, dessen vergoldete Silber-
scheide ein breites, schweres, durchbrochen gearbeitetes Renais-
sancelaub zeigt. Auch das Reichsschwert des Hauses Hohen-
zollern mit seinen zierlichen gravirten Darstellungen weist auf
einen süddeutschen Meister hin.
XIV.
Kapitel.
Die
norddeutschen
Küstengebiete.
Schon im Mittelalter haben die Länder der norddeutschen
Tiefebene ein gemeinsames Kulturgebiet dargestellt. Es sind die
Gegenden jenes energischen, nüchternen, verständigen und wil-
lensstarken Geschlechtes, das schon im 13. Jahrhundert den bald
so gewaltigen Bund der Hansa stiftete, der mit den Königreichen
des Nordens Krieg führte und die Macht der grossen Handels-
städte zu einer überall gefürchteten Weltstellung erhob. Die
Kunst dieser Gegenden erreicht, im Einklang mit den politischen
Verhältnissen, in der gothischen Epoche ihren Höhepunkt. Jene
gewaltigen Backsteinkirchen, die noch jetzt mit ihren dunklen
Massen über die hohen Giebelhäuser emporragen, sind in ihrer
derben trotzigen Kraft, in ihrem nüchternen Ernst ein treues Bild
des Bürgerthums, welches sie aufgethürmt hat. Schmucklos nach
aussen, nur etwa in riesigen Thürmen ihre Macht verrathend,
sind sie im Innern noch jetzt angefüllt mit den reichen Kunst-
schätzen, welche das Mittelalter zu ihrer Ausstattung geliefert
hat: mit Schnitzaltären, Chorstühlen, Kanzeln, Lettnern und
Orgeln, mit Gemälden und Sculpturen, mit kunstvoll gegossenen
Broncewerken, Kronleuchtern, Taufbecken, Grabplatten, so dass
Gotteshäuser wie die grossen Marienkirchen von Danzig und
Lübeck an Reichthum und malerischem Reiz des Innern weithin
ihres Gleichen suchen. Da alle diese Städte früh den Protestan-
tismus annahmen, aber sich meist von der wüsten Bilderstürmerei
frei hielten, so hat eine schöne Pietät jene alten Schätze überall
sorglich bewahrt. Auch jene Barockschöpfungen, durch welche
in anderen Gegenden der Alteweibersommer des jesuitisch wieder-
hergestellten Katholicismus so manche alte Kirche um ihre