Kap-
Anfzihge deutscher Renaissance bei Malern und Bildhauern.
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und Rankenwerk auf Bl. 109 (S. Ulrich) und mehr noch an der
hübschen Chemische auf Bl. 111 (S. Wenzeslaus). Aehnliche
Studien lassen sich im Weisskunig und den übrigen Arbeiten
Burgkmaiers machen. Zum Treiflichsten gehört das meisterhafte
Holzschnittblatt vom J. 1510 (Bartsch VII, 40), auf welchem der
T 0d wie ein Bandit aus dem Hinterhalte einen jungen Ritter
nieder-wirft, während das schöne Weib, das den Unseligen ver-
lockt hat, schreiend sich zur Flucht wendet. Es ist eine ganz
aus venezianischen Anschauungen hervorgewachsene Compcsiiißll!
das enge Gässchen, von hohen Palästen mit prächtigem Renais-
Sanceportal eingeschlossen, hinten ein Kanal mit einer still vor-
beigleitenden Gondel; selbst die Form des Kamines auf dem
nächsten Daehe erinnert an Venedig.
Unter den Augsburger Künstlern, welche die neue Formen-
Welt wahrscheinlich durch Burgkmaier kennen lernten, stehen die
Mitglieder der Familie Holbein oben an. Der alle Hans Holbein
hat in seinen Bildern noch vielfach der Gothik gchuldigt. S0
besonders auf dem Bilde von Sta. Maria lllaggiere vom J. 1499,
einem seiner Hauptwerke. 1) Aber schon an den vielbesproehenen
Altartafeln 2) derselben Galerie, welche man jetzt dem alten
Holbein zurückgeben muss, nachdem eine gefälschte Inschrift Sie
längere Zeit dem Sohne zugeeig-net hatte, sieht man in der Ein-
fassung geldne Renaissanceranken mit geflügelten Genien, die in
Blumcnhörner blasen. Noch freiere und edlere Ausbildung hat
die Renaissance auf dem herrlichen Sebastiansaltar der Mün-
chener Pinakothekß) den man vielleicht als gemeinsames Werk
des älteren Hans Hclbein und seines Bruders Siegmund zu be-
trachten haben wird.
Der erste Meister, welcher vollständig mit dem Mittelalter
bricht und sich dem neuen Stile mit Entschiedenheit zuwendct,
ist Hans Holbein. der Jüngere. In seinen Werken begegnen wir
kaum irgendwo den Formen der Gothik, mit Ausnahme etwa der
Gewölbe; dagegen bringt er mit Vorliebe antike Architektur-
details und Ornamente der Renaissance an. Aber es bleibt bei
ihm nicht wie bei den meisten seiner Zeitgenossen und Lands-
leute ein blosses Spiel, er dringt vielmehr tief in das Wesen der
neuen Kunstweise ein, so dass sein ganzes Schaffen von ihr er-
füllt und durchdrungen erscheint. Da Woltmann in seinem Buche
auch diese Seite des grossen Meisters erschöpfend geschildert
hat, so bedarf es nur einer kurzen Andeutung. Zunächst ist Holbein
Marggraffßz Katalog der Augsb. Gemäldegal. Nr. 16-18.
673-676. 3) Marggraifß; Katalog der Pinakothek. Säle Nr.