708
Buch.
III.
Renaissance in Deutschland.
sind die wenigen Ueberreste eines Baues, der die Verzierungs-
lust der Zeit und die Prachtliebe seines Besitzers zum Ausdruck
brachte. Der grosse Prachtsaal nahm die ganze Länge der
Vorderseite ein und mag in seiner Ausstattung, wenn auch nicht
in seiner Grösse mit dem gleichzeitigen von Torgau gewetteifert
haben. Vor demselben auf einem steinernen Gange innerhalb
des Schlosshofes waren die bemalten steinernen Brustbilder der
Kurfürsten aufgestellt. Der ganze Bau in seiner Anlage und
künstlerischen Ausstattung bekundet den Einfluss der sächsischen
Schlösser zu Dresden und Torgau. Als Joachim II 157 2 starb, war
der Bau noch nicht ganz vollendet.
Sein Nachfolger Johann Georg liess das Nöthigste durch
Hans Räspell vollenden, namentlich die Giebel nach der Wasser-
seite ausführen, den Thurm über der Kapelle ausbessern und aus-
bauen. Seit 1578 liess er dann durch den Grafen Rachus von
Lynar, einen vornehmen Baumeister von italienischer Abkunft,
weitere Bauten ausführen. Ein vierter Stock wurde nach der
Wasserseite aufgesetzt, besonders aber seit 1579 ein neuer Flügel
begonnen, der den Schlosshof nach der Westseite gegen die
Schlossfreiheit hin abgrenzen sollte. Von Pirna wurden be-
deutende Sandsteinsendungen verschrieben und zugleich 30 sach-
sische Maurer berufen, die Wöchentlich 26 bis 30 Silbergroschen
erhielten. 1585 schickt August von Sachsen seinen Maurermeister
Peter Kummer. Dieser bringt eine Visirung mit, welche dann,
durch den Grafen Lynar verbessert, der Ausführung zu Grunde
gelegt wird. Später tritt Peter Niuron in die Bauführung ein,
und der neue Flügel wird 1594 vollendet. In den oberen Zim-
mern führte Meister Hieronymus Malereien aus. Dieser Flügel ist
der jetzt noch vorhandene westliche Querbau, welcherdie beiden
grossen Schlosshöfe von einander trennt. Im Gegensatze zu den
reich dekorirten Prachtbauten Joachims sind diese Theile schlicht
und sparsam, aber in kraftvollen Formen ausgeführt. Namentlich
gilt dies von der Galerie im dritten Stock, welche mit Stichbögen
auf schön proiilirten Steinconsolen eines ausgebildeten Renais-
sancestils ruht. Der vierte Stock ist später aufgesetzt. Die Fenster,
meist zu zweien gruppirt, haben eine Umrahmung von Rund-
staben und Hohlkehlen. Der nördliche Theil dieses Flügels hat
über dem Erdgeschoss, das den Durchgang enthält, nur ein ein-
ziges, aber sehr hohes Obergeschoss mit mächtigen gekuppelten
Fenstern. Er enthält einen ehemals zu Theatervorstellungen be-
stimmten Saal.
Zu derselben Zeit wurde im Schlosshof an dem östlichen
Flügel Joachims II eine grosse Doppeltreppe angelegt, die eine