Kap. XIII.
Die nordöstlichen Binnenländer.
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modernisirter Faeade man nichts Interessantes vermuthet. Der
schmale, lange Hof ist auf drei Seiten mit Galerieen in zwei
Stockwerken (an der linken nur im Hauptgeschoss) umzogen, die
mittelst flacher Stichbögen auf kolossalen Granitkonsolen ruhen.
Der Anblick ist höchst malerisch und erinnert an den Hof des
Hauses zur Krone in Breslau.
"Was den Renaissancebairten in Görlitz ihren besonderen
Werth verleiht, ist dass sie ohne Ausnahme den Charakter der
Frühzeit tragen und fast keine Spur der späteren barocken
Formen zeigen. Keine Stadt Deutschlands kann sich darin mit
Görlitz messen, keine vermag eine solche Reihe einfach edel be-
handelter Faeaden der Frührenaissance aufzuweisen, die sich ge-
legentlich auch zu reichster Pracht entfalten. Wenn wir oben
gesehen, dass die Blüthe der Stadt durch den Schmalkaldischen
Krieg geknickt wurde, so wird uns dies durch die Monumente
bestätigt. Sie gehören fast sämmtlich der ersten Hälfte des
15. Jahrhunderts an.
Von den übrigen Städten der Lausitz, die vielleicht manchen
Beitrag zur Renaissance liefern könnten, weiss ich Nichts zu
melden. Weiter östlich sodann ist mir nur das Rathhaus zu
P0sen bekannt, von welchem F ig. 196 nach einer Photographiel)
eine Ansicht giebt. Die prächtige Doppelhalle wurde 1550 durch
elnen Italiener, Gio. Bult. de Quadro aus Lugano erbautä). Der
Tllurm ist mit Ausnahme der phantastisch hohen Spitze wohl
auch italienisch, jedenfalls ein von nordischen Thurmanlagen
Völlig abweichender Bau.
In die Brandenburgischen Marken scheint die Renais-
sance nur spärlich eingedrungen zu sein, ohne festen Fuss zu
fassen. .Eine höhere Kultur hatte gerade in diesen Landen an
dem rohen raublustigen Adel ein unübersteigliehes Hinderniss,
und noch bis in den Ausgang des 15. Jahrhunderts fanden die
Kurfürsten genug mit Niederwerfung- des überinüthigen Junker-
thüms und Zerstörung der Raubnester zu thun. Erst seit Johann
Üicero, der zuerst seinen bleibenden Wohnsitz in den Marken
aufsehlug und sich mit den Städten zur Ausrottung des Raub-
adels verband, kehrte dauernde Ordnung im Lande ein, die
durßh den energischen Joachim I (1499_l535) eine festere Be-
gltündung erhielt. Die Stiftung der Universität Frankfurt, die
Einsetzung des Kammergerichts zu Berlin zeugen von der um-
A.
1) Ich verdanke dieselbe der gütigen Mittheilung des Herrn Dr. Alwin
Sßhultz. 2) Notiz von Alwin Schultz, Schles. Kunstleben S. 16,
Kugler. Gesch. d. Baukunst. Y. 45