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III.
Buch.
Renaissance in Deutschland.
kleine ionische Pilasterstellung dient den paarweise verbundenen
zu einer Weiteren Theilung; ein ungemein elegantes Motiv.
Die Ecke des Hauses ist merkwürdiger Weise mit schräg ge-
stellten Pilastern, in eigenthümlichcr perspektivischer Berechnung,
dekorirt. In derselben Strasse No. 7 ist das Portalmotiv noch
einmal variirt und mit einem Giebel in Verbindung gebracht,
alle Flachen reich mit Laubwerk geschmückt. Die Jahrzahl
scheint hier 1534 zu lauten. Vom Jahre 1556 datirt eine schöne
Facade am Untermarkt No. 8, jetzt zum Rathhause gehörig. Sie
ist Weit reicher behandelt als die übrigen, deren Motiv sie in's
Zierlichere zu übersetzen sucht. Das Portal mit seinen elegant
dekorirten Pfeilern wird von frei vertretenden, aber etwas müh-
samen korinthischen Säulen eingerahmt. Sie stehen auf hohen
laubgeschmückten Sockeln und tragen ein stark vorspringendes
Gebälk, das an der Unterseite mit Akanthuskonsolen und Rosetten
prächtig dekorirt ist, am Fries zierliche aber etwas dünne Ranken
mit Masken hat, in der Mitte mit einem weit vertretenden Krieger-
kopf prunkt. Ein kleines Consolengesims bildet den Abschluss;
in den Zwickeln schweben komisch genug Adam und Eva ein-
ander entgegen. Die ganze Facade ist ausserdem im Erdge-
schoss und den beiden oberen Stockwerken mit Pilastern ge-
gliedert, und die Fenster haben abermals Pilaster als Einfassung.
Alles Andere überragt aber weit die prachtvolle Fagade der
Neiss-Strasse No. 29. Hier sind alle drei Geschosse gegliedert mit
korinthischen Pilastern derfeinsten Durehbildung, ganz mit Or-
namenten übersät; dazu kommen an sämmtlichen Fensterbrüs-
tungen Reliefscenen aus dem alten und neuen Testament in ma-
lerischer Auffassung auf landschaftlichen Gründen, so dass keine
Fläche unverziert geblieben ist. Die ursprüngliche Hausthür
öffnet sich mit einem grossen Bogen, der von eleganten ko-
rinthischen Säulen mit reich ornamentirtem Schaft eingefasst
wird. Selbst die Sockel sind reich geschmückt, am Fries aber
zieht sich die herrlichste Akanthusranke hin. Die ganze Facade
gehört zu den höchsten Prachtstücken unserer Renaissance, um
so werthvoller, da sie sich von allen barocken Elementen fern
hält. Im Fries glaubte ich 1571 zu lesen; man sollte das Werk
aber für beträchtlich früher halten.
Wie sehr die Pilasterarchitektur hier beliebt war, sieht man
auch an dem grossen Bogen, der hinter der Klosterkirche die
Strasse überwölbt. An der Nordseite ist sein Oberbau mit fein
decorirten, frei korinthisirenden Pilasterstellungen geschmückt.
Von ausgebildeten Hofanlagen habe ich nur ein Beispiel ge-
funden. Es ist in dem Hause Petersstrasse No. 4, hinter dessen