Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

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III. Buch. 
Deutschland. 
Renaissance in 
meister Jobsten genannt werden. Als sich Tadel wegen Fahr- 
lässigkeit beim Bau erhob, berief man Peter von Pirna ("Birne"), 
des Herzogs Georg von Sachsen Baumeister, aus Dresden zur Be- 
gutachtung. Nach 1519 werden wieder Arbeiten am Thurm und 
den anstossenden Theilen vorgenommen, wobei Wende! Rosskopf 
als Maurer und Steinmetzmeister beschäftigt ist. Beim Umbau 
der Nicolaikirche, welchen er ebenfalls leitete, wird von ihm ge- 
sagt, er habe den Bau nach dem Rathe des Meisters Benedix zu 
Böhmen, obersten Werkmeisters des Schlossbaues zu Prag, seines 
Lehrmeisters, ausgeführti). Ohne Frage ist dies Benedict von 
Laun, von dessen Wirken S. 622 u. 624 die Rede war: ein werth- 
volles Zeugniss von dem Einfluss, welchen die böhmische Bau- 
schule damals auf die benachbarten Gebiete ausgeübt hat. In 
die einspringende Ecke zwischen dem Thurm und dem an- 
stossenden Seitenflügel wurde nun beinahe zwanzig Jahre später 
(1537) eine Freitreppe gelegt, die mit geschickter Ausnutzung 
des engen Raumes in gewundenem Laufe zum Hauptportal em- 
porführt. Vor dem Eingänge mündet sie zur Linken auf einen 
Balkon, der zur Verkündigung von Sentenzen und Verordnungen 
bestimmt war. Die Bedeutung des Gebäudes aber spricht auf 
schlanker Säule am Aufgange der Treppe eine Justitia mit Waage 
und Schwert aus. (Fig. 195.) Die ganze Composition, zu welcher 
noch als Abschluss das Fenster über dem Portal gehört, findet 
in Schönheit der Ausführung und Anmuth der Ornamentik unter 
den gleichzeitigen Denkmalen Deutschlands kaum ihres Gleichen. 
An der Brüstung des Balkons, der auf einer originellen Stütze 
ruht, sind Sirenen gemeisselt. Nicht minder anmuthig ist die 
Säule der Justitia mit einer Harpyie und einer nach Dürer aus- 
geführten Fortuna sowie mit Fruchtschnüren geschmückt, während 
das Kapital köstliche Masken zeigt. Ueberall ist das Ornament, 
sind die feinen Gliederungen ebenso schicklich vertheilt wie voll- 
endet ausgeführt. Man wird wohl an einen Italiener denken 
müssen, wenn nicht, was freilich nicht ausgeschlossen, an einen 
in Italien gebildeten deutschen Meister. An der Brüstung liest 
man die Jahrzahl 1537. Es ist ein Ganzes von unübertroffener 
Pracht, Originalität und Frische der Oonception. An ober- 
italienische Weise erinnern namentlich auch die runden in die 
Pilaster eingelegten Marmorscheiben. Aus derselben Zeit datirt 
der kleine Hof im Innern des Rathhauses, auf einer Seite mit 
einer Bogengalerie auf Pfeilern, darüber eine Theilung durch Pi- 
L 
gütiger Mittheilung des Herrn Bauraths 
ich 
1) Obige Notizen verdanke 
Marx in Görlitz.
	        
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