Kap. XIII.
Die nordöstlichen Binnenländer.
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Ausstattung allem Anseheine nach von geringerer Bedeutung,
wird es wohl ein Werk provinzieller deutscher Steinmetzen sein.
Görlitz.
Vielfach verwandt mit Schlesien in politischen Schicksalen
und Kulturentfaltung erscheint die Lausitz. Namentlich in der
hier zu betrachtenden Epoche finden wir sie (seit dem 14. Jahr-
hundert) bei der Krone Böhmen, der sie auch während der Hus-
sitenkriege treu blieb, obwohl sie dafür die Verheerungen der
wilden hussitischen Schaaren auf sich zog. Slaater, 1467, ergab
sie sich freiwillig dem mächtigen Schutze des Königs Matthias
von Ungarn, erneuerte aber zugleich den alten Bund der Sechs-
städte, die durch festes Zusammenschliessen mächtig und blühend
dastanden und sich grosse Freiheiten zu erringen Wussten. Nach
Matthias Tode, 1490, blieben die beiden Markgrafschaften der
Ober- und Niederlausitz bei Böhmen und theilten während der
schicksalschweren Zeiten des 16. und 17. Jahrhunderts das Loos
der übrigen deutschen Gebiete Oesterreichs. Die hohe Blüthe
des materiellen Lebens, welche die durch Handel und Gewerbe
mächtigen Städte erreicht hatten, wirkte zugleich günstig auf die
geistigen Bestrebungen ein. Die Städte der Lausitz treten früh
und entschieden der Reformation bei und haben dafür von den
Habsburgern schwere Drangsale zu bestehen. Nicht minder früh
nehmen sie die neue Kunstweise der Renaissance auf und prägen
dieselbe in einer Anzahl von Denkmalen aus. Namentlich gilt
dies von Görlitz, dessen Denkmäler für die Geschichte der Re-
naissance in Deutschland hervorragenden Werth haben. Schon
früher wusste die Stadt durch charaktervolle Monumente ein
Zßugniss von einer gewissen Grossartigkeit monumentaler Ge-
sinnung hinzustellen. Wenn man den gewaltigen Kaisertrutz,
die fünfschiifige Peterskirche mit ihrer herrlichen Raumwirkung
und so manches andere Denkmal des Mittelalters sieht, so er-
kennt man die frühe Bedeutung der mächtigen Stadt. Erst durch
den unglücklichen Ausgang des schmalkaldischen Krieges, an
Welchem sie sich mannhaft betheiligte, wurde ihre Kraft gebrochen.
Sie verlor 25 Dcrfschaften, musste ihr ganzes Kriegsmaterial aus-
liefern und eine bedeutende Summe zahlen.
_ Eine der edelsten Blüthen der Renaissance in Deutschland
sind diejenigen Theile, welche die Stadt in dieser Epoche ihrem
mittelalterlichen Rathhaus hinzufügen liess. Noch in gothischer
Bauführung hatte man von 1512-1519 den Thurm errichtet, als
dessen Erbauer der Steinmetzmeister Albrecht und Stadtzimmer-