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III. Buch.
Renaissance in Deutschland.
ursprünglich der Anblick gewesen sein, als der Flügel F seine
beiden oberen Galerieen noch besass. Die vorgesetzten Dach-
giebel ziehen sich auch am Aeusseren des linken Flügels hin.
Im Inneren ist Nichts von der alten Ausstattung erhalten, und
nur der grosse Bibliotheksaal bemerkenswerth. Die breiten Graben,
welche das ganze Schloss umziehen, sind ausgefüllt, und ein
wohlgepflegter Park umgiebt den malerischen Bau. Die Ver-
bindung mit der Schloss- und Pfarrkirche wird durch einen
Bogengang hergestellt.
In der Pfarrkirche sind zwei Grabdenkmäler der Zeit be-
merkenswerth. Das einfachere, aus einer blossen Reliefplatte be-
stehend, liess 1554 Herzog Johann seinem ein Jahr vorher ver-
storbenen Bruder Georg errichten. Es ist eine fleissige, aber be-
sonders im Figürlichen handwerksmässige Arbeit; der Rahmen
der Platte, welche die etwas gespreizte Reliefgestalt des Ver-
storbenen trägt, wird durch reiche Renaissance-Pilaster mit frei
componirten ionischen Kapitälen gebildet1). Prächtiger ist das
Doppelgrab des baulustigen Herzogs Johann (T 1565) und seiner
1556 ihm vorausgegangenen Gemahlin Christina, welches der
Fürst selbst wahrscheinlich noch bei seinen Lebzeiten hat er-
richten lassen?) Er berief dazu einen fremden Künstler, Johannes
Oslerv von Würzburg, der sich durch eine ausführliche Inschrift
am Monument verewigt hat 3). Die Figuren sind steif und geist-
los, aber die Pilaster, welche den Sarkophag auf allen Seiten ein-
fassen, haben zierlich behandelte Ornamente, in welchen phan-
tastisch Figürliches mit Rankenwerk sich mischt.
Was sonst noch von Renaissancewerken in Schlesien sich
findet, muss ich der Lokalforschung überlassen. Für die allgv
meine Stellung Schlesiens zur Renaissance wird das Beigebrachte
genügen und ich habe mich damit zu bescheiden4). Das interes-
sante Portal des 1580 erbauten Schlosses zu Guhlau bei Nimptschv
welches in Abbildung vorliegtä), ist besonders durch seine voll-
ständige Bemalung werthvoll. In Composition und plastischer
Abbildung bei Luchs, Schles. Fürstenbilder Taf. 226. 2) Abbild.
ebenda. Taff. 22 a. 1. 2. 3. 3) Luchs a. a. O. Bog. 22 a. S. 4 giebt die
Inschrift nicht ganz fehlerfrei. Alwin Schultz, Schles. Kunstleben S. 25
rückt ihm dies vor und druckt die Inschrift mit zwei neuen Fehlern ab.
Sie lautet: Hec dvo Monumenta, ducü elaboravit Joäes Oslew Wirczburgei
Franco. Das letzte, die Nationalität des Künstlers bezeichnende Wort
ist beiden Forschern entgangen. 4) Dies um so mehr als selbst einem so
ileissigen Specialforscher wie A. Schultz die Autopsie der Denkmäler seiner
eigenen Heimath nur sehr vereinzelt zu Gebote steht. 5) Bei Luchs,
Schles. Vorzeit II, Taf. 29.