Kap
XIII.
Die nordöstlichen
Binnenländer.
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deren Chorschluss südlich neben dem Hauptportal nach aussen
vorspringt. Von der reichen Ausstattung des Innern, ven welcher
berichtet wird, ist keine Spur mehr vorhanden. Der Prachtbau
ist seit der gewaltsamen Zerstörung im vorigen Jahrhundert eine
täglich mehr verfallende Ruine.
Von den öffentlichen Gebäuden der Stadt ist zunächst das
Gymnasium-zu nennen, welches Herzog Georg durch denselben
Meister Jacob Bahr bis 1564 errichten liess. Ein schlichter Bau,
der von seiner ursprünglichen reichen Ausstattung wenig auf-
weist. Augenscheinlich war die Ausführung hier in geringere
Hände, vielleicht von deutschen Steinmetzen gelegt; wenigstens
ist das Portal mit dem kleinen Pförtchen daneben eine unge-
schickte Arbeit, von missverstandenen ionischen Halbsäulen um-
fasst, in den Zwickeln schlecht gezeichnete Figuren der Religion
und der Gerechtigkeit. Ueber dem Portal zwei reich gemalte
Wappen, von plumpen Engelknaben gehalten. .Be_i dem kleinen
Pförtchen ist es auffallend, dass kein Schlussstein, sondern eine
Fuge in den Scheitel des Bogens trifft.
Weit ansehnlicher ist das Rathhaus, zwar gering und
flüchtig in der Behandlung der Formen, aber durch malerische
Gruppirung anziehend (Fig. 188). Die beiden Thürme, welche
die Facade tlankiren, schliessen eine auf drei dorischen Säulen
ruhende Vorhalle ein, über welcher eine auf Holzpfeilern ruhende
obere Halle die Verbindung im Hauptgeschoss bildet. Die Haupt-
treppe, rechtwinklig mit vier Podesten um "den mittleren qua-
dratischen Mauerkern emporsteigend, liegt in dem links beünd-
liehen Thurm, eine untergeordnete hölzerne in dem andern. Die
obere Vorhalle mündet auf ein schlicht aber elegant behandeltes
Portal, mit schönen Fruchtschnüren und Löwenköpfen dekorirt;
in den Bogenzwickeln zwei weibliche Figuren. Im Innern haben
die Thüren einfache aber schön componirte Renaissancerahmen.
Die Ausführung könnte wohl von Italienern herrühren. Seine
Bedeutung hat indess der Bau, wie gesagt, weniger dllrßh die
Einzelformen als durch die treHliche Gruppirung des Aeusseren.
Die Treppenthürme mit der Vorhalle, das hohe Dach mit seinen
Giebeln, das Alles überragt von dem mächtigen Hauptthurm,
macht dies Rathhaus zu einem der malerischsten in Deutschland.
Derbürgerliche Privatbau in Brieg gehört meist der
Schlussepoche an. Von Werken der Frührenaissance habe ich
nur die köstliche kleine Facade Burgstrasse N0. 6 zu verzeichnen.
Zwar das Bogenportal mit seiner Rustika, auf jedem Quader ein
KfJPf oder eine Rosette, ist von geringerer Hand; aber die io-
msehen Pilaster, welche das Erdgeschoss gliedern, mit ihren