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III.
Buch.
Renaissance in Deutschland.
die geflügelten Karyatiden der Einfassung, das Alles ist von einer
in ganz Deutschland wohl nirgends wieder vorkommenden Schön-
heit. Dass von solchen Werken keine Abbildungen, nicht ein-
mal Photographieen existiren, ist ein Beweis wie weit wir noch
im Rückstand sindi). Auch die Verwendung eines sehr feinen
Flachornaments im Charakter gepressten Leders an den inneren
Flächen zeugt von einem bedeutenden Meister. Eine Anzahl
kleinerer Werke derselben Zeit und ähnlicher Richtung, wenn auch
von minderer Bedeutung, findet sich überall in den Strassen
zerstreut. So Schlossstrasse 25 ein derberes Bogenportal mit
stärkerer Anwendung von Flachornamenten im Metallstil jener
Epoche. Von ähnlicher Behandlung Frauenstrasse 35 ein kleines
Portal von löipgeim Schlussstein ein hübsches weibliches Köpfchen.
In derselben Strassc N0. 21 ein zierliches Portal mit reich ge-
gliedertem Bogen, im Schlussstein eine groteske Maske. Am
Ring 27 ein ähnliches mit prächtigem Löwenkopf als Schluss-
stein, welches fast ebenso, offenbar von derselben Hand, Burg-
strasse 8 wiederkehrt. In derselben Strasse 13 und 26, hier vom
Jahre 1608, dieselbe Composition. Endlich ein etwas stattlicheres
Werk Schlossstrasse 5, wo zugleich die trefflich geschnitzte
Hausthür mit ihren Eisenbeschlägen und dem Klopfer ein cha-
rakteristisches Ganzes ausmacht.
Brief;-
Das Hauptwerk der Renaissance in Schlesien ist ohne Frage
das Brieger Piastensehloss, selbst in seiner verstümmelten
und misshandelten Gestalt noch immer eine der edelsten und
grossartigsten Schöpfungen dieser Epoche in Deutschland. Und
wiederum ist es das Werk eines der besten Fürsten des Landes.
Georg II, der Sohn eines ebenso treffliehen Vaters, Friedrichs I1
von Liegnitz, welchem Brieg als Erbtheil zufiel, hat in seiner
segensreichen fast vierzigjährigen Regierung (1547-1586) sein
Herzogthum Brieg in einen Stand gesetzt, dass man, wie ein
Zeitgenosse sagt, das alte Land nicht mehr erkannte und das
neue nicht ohne Bewunderung ansehen" konnte. Als Zeugniss
seines hohen Kunstsinnes steht noch jetzt das von ihm erbaute
Schloss da. Noch unter Friedrich II, 1547, begann der Bau,
1) Fig.
Werfen.
182
ist
nach
einer
geistreichen Reiseskizze
Lüdecke's
ent-