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III. Buch.
Renaissance in Deutschland.
Helrnes 1535 errichtet. Minder günstig Wirken die Thurmhelme der
Magdalenenkirche von 1565, deren Profil freier geschwungen
sein könnte. Vom Rathhausthurrne war schon die Rede.
Schliesslich sei noch auf einige im Museum vorhandene
Werke der dekorativen Kunst hingewiesen. Ausser manchen treff-
lichen, im besten Renaissancestil durchgeführten Waifen, nennen
wir den prächtigen grossen kupfernen Krug von Baithelomäus
von Rosenberg (1595), mit köstlichen Flächenornamenten b_edcckt,
unter welchen nur das Figürliche etwas schwächer ist. Sodann
einen reich mit Silberfiligran, mit getriebenen und- gravirten Ver-
zierungen geschmückten Pokal, allerdings keine einheimische,
sondern eine Augsburger Arbeit vorn Ende des 16. Jahrhunderts.
Endlich aus derselben Zeit ein Tisch mit eingelegter Arbeit von
grösster Schönheit, namentlich herrliche Blumenstücke von guter
architektonischer Anordnung, auch der Tischfuss von klarem
Aufbau.
Liegnitz.
In den übrigen Städten Schlesiens wird die Renaissance
durch die Fürsten eingeführt. Zuerst geschieht dies in Liegnitz.
Wenn man von der Nordseite die Stadt betritt, hat man sogleich
zur Rechten das prachtvolle Werk, mit welchem der neue Stil
hier beginnt. Es ist das in Fig. 181 abgebildete mit der Jahr-
zahl 1533 bezeichnete Hauptportal des Schlosses. Nach der
Sitte der Zeit aus einem grossen Thorweg für Fuhrwerke und
einem kleineren Pförtchen für Fussgänger bestehend, tritt es in
einer Formbehandlung auf, die weder deutsch noch italienisch
ist. Die mehrfach gegürteten Säulen mit dem ausgebauchten
unteren Theil der Schäfte, den runden Fussgestellen, der selt-
samen Ornamentik, die gewaltigen Consolen des Frieses, die
energische Behandlung der Kapitale, endlich die rosetten-
förmigen Ornamente der Attika zeigen eine Behandlung, die
am ersten an burgundiseh-brabantische Werke erinnert und
ihre Analogie an dem Hofe des Bisehofspalastes zu Lüttich (jetzt
Justizpalast) iindet. Die reiche Ornamentik ist ohne eigentliche
Feinheit, die Formen weichlich und breit gedrückt, besonders
das Blattwerk an den ausgebauchten Theilen der Säulenschäfte
und die Blumengewinde an den oberen Partieen der Säulen, die
an Ketten aufgehängt erscheinen. Ungleich besser und elastischer
erscheinen die Akanthusblätter an den. freieomponirten Kapitälen
und den Consolen. Ein bezeichnendes Motiv sind auch die mehr-