662
III.
Buch.
Renaissance in Deutschland.
Ornament eine etwas überladene Composition, aber sprudelnd von
Geist und Leben. Merkwürdig ist darin die miniaturhaft ausge-
führte Darstellung einer geburtshülflichen Seene; noch merk-
würdiger aber, dass dieselbe mit der ganzen übrigen Ornamentik
in beiden Pilastern gleichlautend sich wiederholt. Aber die Aus-
führung des einen, und zwar des links beündlichen, ist ähnlich
wie an dem Grabmal des Hausherrn von geringerer Gehülfen-
hand. Diese Pilasterstellung ist nun an der Facade fortgesetzt,
die Schäfte jedoch sind kürzer gehalten, kannelirt und auf hohe
Sockel gestellt. Zwischen Fenster und Thür enthält eine Nische
mit schöner Muschelwölbung einen Löwen mit dem Wappen des
Hausherrn. Die sichere Meisterschaft der Composition, die gut
vertheilten und fein ausgeführten Ornamente, die köstlichen, reich
variirten Kapitale, namentlich das mit den Sirenen, die Akanthus-
ranke im Fries, das Alles darf man wohl für italienische Arbeit
ansprechen. Weder das reiche Doppelportal im Rathhaus noch
dasjenige der Krone kann sich entfernt mit diesem messen.
Von Bürgerhausern ist hier der Zeit nach das 1532 er-
baute zum Goldenen Baum, in der Oderstrasse 17, anzuschliessen.
Doch hat sich von der alten Ausstattung nur ein zierliehes Bogen-
relief im Hofe erhalten, in welchem eine hübsche Frauengestalt
zwei Wappen hält. Den Hintergrund schmückt eine elegante
Blumenguirlande; die Einfassung wird durch Zahnschnitt und
Eierstab gebildet. Wie damals die Giebelfacaden behandelt
Wurden, sieht man in einem besonders interessanten Beispiel an
dem Hause N0. 23 am Ring mit der Jahrzahl 1541 und dem
bekannten evangelischen Spruch: V. D. M. I. E. (Verbum domini
manet in eternum). Die Behandlung ist einfach, aber stilvoll;
das Portal, durch späteren Zopfaufsatz verändert, hatte ursprüng-
lich gleich den Fenstern der drei oberen Geschosse ein schlichtes
Rahmenproiil, welches gleich den Gesimsen und den übrigen ein-
rahmenden Gliedern durch eingekerbte Kanneluren wirksam be-
lebt wird. Die Flächen sind durch Pilaster gegliedert, die Staf-
feln des Giebels eigenthümlicher Weise durch liegende Voluten
bekrönt1) (Fig. 180"). Eine etwas andere Behandlung sieht man
an der kleinen Facade Schweidnitzer Strasse N0. 48. Auch hier
gliedern Pilaster die Flächen, und die Fenster haben antikisirende
Rahmen; die Absätze des Giebels dagegen sind mit Halbkreisen,
wie die Frührenaissance sie liebt, gekrönt.
1) Die Mittheilung der Zeichnung verdainkq ich dc-nii Güte cäess.
Stadtbaurath C. Lüdecke, der meine Studlen 111 zuvor ommell 61
unermüdlich gefördert hat.
Herrn
Weise