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TII.
Buch.
Renaissance
in Deutschland.
sein. Merkwürdig, dass die in demselben Stil behandelte Thür,
welche in das anstossende Gemach führt, ein volles Jahrhundert
später, 1664, entstanden ist, wenn hier nicht ein Schreibfehler vor-
liegt. Auch der kolossale, schwarz glasirte Kachelofen aus dem
17. Jahrhundert, prächtig mit Muschelornamenten geschmückt, an
den Ecken mit gelb glasirten Löwenköpfen, verdient Erwähnung.
Ein tüchtig behandeltes Eisengitter aus derselben Zeit fasst als
Bogen den Aufgang zur Treppe ein. Der seit 1558 aufgeführte
Rathhausthurm von Andreas Stellauf ist eine etwas nüchterne Con-
ception.
Zu den vollendetsten Werken der Renaissance in Breslau
gehören zwei Grahrnäler, die wohl sicher von italienischer Hand
herrühren. Das grössere und prachtvollere sieht man im süd-
lichen Seitenchor der Elisabethkirche. Der kaiserliche Rath
und Rentmeister von Schlesien, Heinrich Rybisch (T 1544), liess
es sich bei Lebzeiten 1534, so liest man, erriehtenl). Die Voll-
endung scheint erst 1539 erfolgt zu sein, denn dieses Datum
trägt einer der Pilaster. Es ist ein Wandgrab von grossartigem
Maassstab, aus Tiroler Marmor errichtet, von drei stark vor-
tretenden Säulen mit reichem Gebälk eingefasst (Fig. 179V). Die
Schäfte sind von buntem, die elegant gezeichneten Kapitale
scheinen von Weissem Marmor. Ueber den Arkaden bildet sich
ein feines Zahnschnittgesims, als Krönung darüber dient eine
Akanthusranke mit Delphinen, in der Mitte das Wappen des Ver-
storbenen. Hinter den Säulen gliedern elegante Pilaster die
Wandiiäche. Die schöne Laubfüllung ist an beiden Schäften
dieselbe, ein in dieser Zeit anfallendes Verfahren. Man bemerkt
jedoch bald, dass die Behandlung des rechts (westlich) befind-
lichen Pilasters von geringerer Feinheit ist, so dass hier die
Hand eines Gehülfen vermuthet werden muss. Ueber einer
kleineren durch Kandelabersäulen gebildeten Wandarkade, welche
zwei Wappen und im Mittelfelde das trefflich gearbeitete Brust-
bild des Entschlafenen enthält, ist dieser selbst in ganzer Gestalt
liegend dargestellt, wie in Nachsinnen versunken, [auf einen
Globus gestützt, in der Hand ein Buch haltend. Die Schönheit
der Anordnung, die Feinheit der Ausführung, der Adel der Or-
namente, die überall in passender Weise ausgetheilt sind, die
zierlichen Laubgewinde namentlich, welche jedes Feld schmücken,
1) Vgl. H. Luchs, die Denkmäler der Elisabethkirche Nr. 25. 2) Die
Abbildung nach einer Skizze A. von Heydenw; unter Zuhilfenahme von
Detailzeichnungen G. Lüdeckefs durch Baldinger auf Holz übertragen.