Kap"
XIII.
Binnenländer.
Die nordöstlichen
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grossartige Ausstattung mit drei Erkerthürmen und im Innern
den imposanten Flur und den Fürstensaal, welche gemeinsam es
zu einem der ansehnlichsten und reichsten Rathhäuser Deutsch-
lands stempeln, ein würdiges Zeugniss von der Macht und dem
Kunstsinn der damaligen Stadt. Sollte die neuerdings veröffent-
lichte 1) Estrade im mittleren Erker wirklich von 1480 datiren, so
hatten wir hier das früheste Auftreten von Renaissanceformen,
wenn auch noch stark versetzt, ja überwuchert von spätgothischen
Elementen, denn die Kassettendecke ist schon völlig im Stil
der Renaissance, obgleich die metallnen Rosetten noch krauses
gothisches Laubwerk zeigen. Auch die Einfassung der mit
gothischem Maasswerk durchbrochenen Balustrade trägt die Form
des neuen Stils. Ich glaube daher diese Theile zu den späteren
Ausstattungen rechnen zu müssen, welche seit Vollendung des
westlichen Erkers (1504) noch hinzugekommen sind. Die voll aus-
gebildete Renaissance finden wir sodann 1528 an dem schon er-
wähnten Portale des Rathssaales. Die reiche Behandlung, welche
die Pilaster und alle übrigen Flachen mit Laubwerk und Früchten,
mit spielenden Putten, mit Sirenen in üppigen Ranken, mit Tro-
phäen und Emblemen verschiedener Art dekorirt hat (leider jetzt
mit Oelfarbe dick verschmiert, ursprünglich aber gewiss poly-
chromirt), erinnert genau an den Stil des Portales an der Krone.
Selbst die bauchige Kapitalbildung finden wir wieder, so dass auf
die gleiche Hand geschlossen werden darfß). An einen Italiener
Werden wir um so weniger zu denken haben, als archivalische
Untersuchungen ergeben, dass damalsi die Stadtbaumeister in
Breslau stets Einheimische warenß). Die innere Seite des Ein-
gangs wird durch ein ähnliches nicht minder reiches Portal ge-
schmückt. Im Jahre 1548 wurde sodann der Erker im Hofe auf
wuchtigen, mit elegantem Akanthuslaub geschmückten Consolen
ausgeführt. Seine Rundbogenfenster werden von kannelirten Pi-
laStern, der mittlere mit ionischen, die beiden andern mit tos-
kanischen Kapitalen eingefasst. Dieser Bau ist im Geiste strenger
Hochrenaissance durchgeführt und dürfte am ersten einem Ita-
liener zuzuschreiben sein. Von der weiteren Ausstattung des
Innern kommt sodann besonders die herrliche Holzbekleidung
der Wände des Rathssaales in Betracht, 1563 bezeichnet. Die
mit Vorliebe angewandte Intarsia, die im Architektonischen und
Orllßmentalen- die höchste Feinheit zeigt, dürfte wohl italienisch
L
Bei Sehultz a. a. 0. Tat. 1. nach feiner treflichen Zeichnung von
Ljldecke. 2) Den Namenszug des Melsters H. R. g1ebt Luchs in s.
blld. Künstl. in Schlesien. S. 13. a) Schultz, Schles. Kunstleben S. 18.
Kugler, Gesch. d. Baukunst. V. 42