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III. Buch.
Renaissance in Deutschland.
mus; auf Anschauungen der Renaissance deutet aber auch hier
der allerliebste Fries mit tanzenden Kindern.
Das nächste Werk fällt volle sechs Jahre später: es ist das
Kapitelhaus beim Dom, an Welchem man das Datum 1,527
liest. In die Backsteinfaeade wurde damals ein Sandsteinportal
in Renaissaneeformen eingesetzt; rechtivinklig geschlossen, der
Rahmen mit Eierstab, das deckende Gesims in reicher Weise
mit Zahnschnitt, Eierstab und Kymation belebt, dies Alles aber
in derber, wenig verstandener Weise. Völlig mittelalterlich ist
die Art, wie der äussere Stab des Portalrahmens sich an den
Ecken durchschneidet; ein Motiv, das sich an den übrigen Oeif-
nungen, namentlich den schrägen Fenstern des Treppenhauses
wiederholt. Das kleine innere Portal hat ebenfalls einen Eier-
stab als Einfassung und ist mit Zahnschnittgesimse und Kymation
bekrönt; die Spindel der Wendeltreppe hat aber einen schräg
gerieften gothischen Fuss. So mischen sich auch hier wieder die
Renaissanceformen mit den Elementen mittelalterlicher Kunst: ein
Beweis, dass wir es mit der Arbeit einheimischer Werkleute zu
thun haben. Von allen diesen bis jetzt erwähnten Schöpfungen
kann also höchstens die Sakristeithür im Dom als Leistung eines
Italieners bezeichnet werden; denn sie ist das einzige Werk, an
welchem keine Spur gothischer Kunstweise sich findet. Bei der
steten Verbindung der Geistlichkeit mit Italien liesse sich die
Verwendung eines fremden Meisters hier am ersten erklären.
Nun folgt das mächtige Eckhaus am Ring N0. 29 „zur
Krone." A. Schultzl) will auf einer alten Zeichnung desselben
die Jahrzahl 1523 gelesen haben; es nimmt mich Wunder, dass
er das deutlich auf einem Täfelchen am Pilaster des Portals an-
gebrachte Datum 1528 nicht gesehen hat. Beide Fagaden sind
schlicht, ohne Gliederung, mit Stuck überzogen, auf welchem ge-
wiss ursprünglich Malereien oder Sgrafiiten waren. Die Fenster,
einzeln, zu zweien oder zu dreien gruppirt, haben antikisirende
Rahmen und Deckgesimse. Am auffallendsten sind die bogen-
förmig gezacktcn Zinnen, welche das Hache Tcrrassendach ein-
fassen und der Faeade ein italienisches Gepräge verleihen. In
der Ohlauerstrasse hat später eine Verlängerung des Hauses statt-
gefunden, die sich schon durch verminderte Höhe und einen
Wechsel in Behandlung der Fenster kund giebt. Die prachtvolle
grosse Marnrorinschrift enthält das Jahr 1544 und fügt den Spruch
hinzu QVAEVIS TERRA PATRIA, was wohl eher auf einen frem-
den Besitzer als auf eincn auswärtigen Baumeister deuten dürfte.
mehrfach
0b en
der fleissigen,
1) In
erwähnten Monographie, S.