XIII.
Die nordöstlichen Binn cnländer.
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tale der Frührenaissance bilden ornamentirte Pilaster, die ein
reich geschmücktes Gebälk tragen, die Einfassung, während ein
Halbkreisfeld mit der Reliefdarstellung der Enthauptung Johannes
des Täufers das Ganze abschliesst. Die volle dekorative Pracht
italienischer Frührenaissance, ursprünglich durch Bemalung noch
gesteigert, ist hier entfaltet; auch lässt das Relief des Bogenfeldes
in seiner freien lebensvollen Behandlung, in der kühn bewegten
Stellung des Henkers, der Verkürzung des Leichnams vielleicht
auf einen Italiener schliessen, obwohl die Weibliche Gestalt in
Gesichtszügen, Tracht, Kopfhaube eher auf einen Deutschen deutet.
Auch der seltsam geformte Eierstab des Frieses, die wenig ver-
standene Behandlung; des korinthischcn Kapitals, selbst das Laub-
Werk der Pilasterfüllungen, das Alles will mir mehr deutsch als
italienisch erscheinen. Es ist daher recht wohl möglich, dass
Wir es mit einem heimischen Künstler zu thun haben, der in
Oberitalien seine Schule gemacht.
Gleich vom folgenden Jahre 1518 datirt das schöne Bronze-
Epitaph der Margarethe Irmisch an der Nordseite der Magda-
lenenkirche: Christi Begegnung mit Maria im Beisein der
Apostel, unten die Familie der Verstorbenen, eine lebensvolle
meisterliche Arbeit, von schlichtem Renaissancebogen umrahmt,
der durch Kymatienblätter und Zahnschnitte elegant gegliedert
ist. Auch die schöne Blumenguirlande gehört zu den ächten
Merkmalen der Renaissance. Aber auch diese Arbeit weist, und
Zwar noch bestimmter, auf deutsche Hand.
Während hier kein Nachklang mehr an den gothischen Stil
Zll finden ist, treten solche Reminisccnzen noch einmal an den
Arbeiten auf, welche 1521 am Leinwandhaus, (jetzt am Stadt-
haus) ausgeführt wurden. Den wichtigsten Rest derselben sieht
man in der Elisabethstrasse an dem Portal, das mit dem darüber
angeordneten Fenster eine ebenso originelle als reizvolle Compo-
Sition ausmacht. Die feinen Rahmenpilaster mit eingelassenen
Schilden, die Säulchen mit den frei korinthisirenden Kapitälen,
die Gesimse und die Oonsolen erinnern an Venezianische Muster,
aber das Eichengeast, welches über den Consolen sich zum Bo-
gen verschlingt, ist ein Rückfall in spätgothischen Naturalismus.
Das wäre einem Italiener nicht begegnet; also haben wir hier
Wohl mit Sicherheit einen heimischen, Meister zu vermuthen. Die
übrigen Reste dieses Baues verstecken sich im Kaffgesimse der
Fenster an der südlichen und westlichen Seite des in moderner
Berliner Gothik ausgeführten Neubaues. Es sind Relieffriese voll
köstlichen Humors, überwiegend noch den burlesken Spassen des
Mittelalters angehörend, dazu Genrescenen in frischem Naturalis-