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Buch.
III.
Renaissance in Deutschland.
sehnliche Stadt erwähnt wird, Karl dem IV, der nach den ver-
heerenden Feuersbrünsten von 1342 und 1344 sie neu aufführte.
Wie in der Folge die Stadt sich durch rege Handelsthätigkeit zu
Macht und Blüthe aufsehwang, ist oben schon erwähnt worden.
Mit zunehmendem Reichthum stieg den Bürgern die Lust, durch
künstlerische Werke ihre Stadt zu schmücken. Nicht wenig trug
zur Förderung dieses Strebens der Wetteifer mit der Geistlichkeit
bei, die im Domkapitel sowie in mehreren Stiftern und Klöstern
ihren Sitz hatte. Ausser Köln hat wohl keine Stadt in Deutsch-
land noch jetzt solche Zahl mittelalterlicher Kirchen und Kunst-
werke aufzuweisen wie Breslau. Nur dass hier das Meiste den
späteren Epochen des Mittelalters angehört und fast aussehliess-
lieh die jüngeren Entwicklungen des gothisehen Stiles und der
begleitenden bildenden Künste vertritt, und dass an Werken
höchsten künstlerischen Ranges hier kaum Etwas zu finden ist.
In die neue Zeit tritt die auf dem Gipfel ihrer Macht stehende
Stadt mit dem vollen Bewusstsein und dem regsten Antheil an
der geistigen Wiedergeburt des Lebens. Wie sie die Reformation
schnell aufnahm und entschieden durchführte, wie sie selbst eine
Universität zu gründen bemüht War, haben wir schon erzählt.
Ein nicht Geringerer als Melanchthon giebt ihr das ehrendste
Zeugniss. „Keine deutsche Nation, sagt er in einem Briefe an
Herzog Heinrich von Liegnitz, hat mehr gelehrte Männer in der
gesammten Philosophie; die Stadt Breslau hat nicht nur fieissige
Künstler und geistreiche Bürger, sondern auch einen Senat, der
Künste und Wissenschaften freigebig unterstützt. In keinem
Theile Deutschlands beschäftigen sich so viele aus dem gemeinen
Volke mit den Wissenschaften." Dagegen will es nicht schwer
wiegen, wenn Joseph Scaliger in einer etwas wunderlichen
Aeusserung sagt: „Die Schlesier sind Barbaren; sie wohnen am
Ende der Christenheit. Welcher von ihnen nicht Barbar ist,
der ist gemeiniglich ein sehr guter Kopf. Sie sind nahe an
Slavonien und haben beinahe dieselbe Sprachef")
Der Bestand der literarischen und künstlerischen Denkmäler
bestätigt Melanchthon's Auffassung. Ein reger Wetteifer macht
sich mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts im monumentalen
Schaffen geltend. Bischof Johann IV (ff 1506) erbaut an Stelle
des früher aus Lehm errichteten Bisehofshofes einen steinernen
Palast "mit zwei weiten Sälen, einer grossen Stube, mit feinem
Malwerk, geziert mit den Bildnissen der Könige von Böhmen
L
LIenzePs Gesch. Schlesiens.
citirt in
1) Beide Stellen
337.